Ein Hauch Havanna an der Aare: Fernando Pérez ist fünfter Friedrich Dürrenmatt Gastprofessor
Die «Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur» an der Universität Bern übernimmt im Frühjahrssemester 2016 Fernando Pérez – der bedeutendste zeitgenössische kubanische Filmautor und Filmemacher. In Lehrveranstaltungen und Filmreihen wird er die Sprache des lateinamerikanischen Kinos vermitteln.
Geboren 1944 in Havanna, begann Fernando Pérez bereits kurz nach der Revolution als Assistent und Übersetzer an Filmproduktionen mitzuwirken. Seine Ausbildung in Russischer Sprache und Handelswirtschaft kam ihm dabei zugute, bevor er 1970 ausserdem ein Studium der Hispanistik an der Universität von Havanna abschloss. Ab 1971 drehte er zahlreiche Dokumentarfilme. Er porträtierte den Revolutionsführer Camilo Cienfuegos (1982) und die legendäre Sängerin Omara Portuondo (1983), die später mit dem Buena Vista Social Club auftrat. Seine Suite Habana (2003) ist eine vielstimmige Darstellung des kubanischen Alltagslebens. Neben seiner Tätigkeit als Dokumentarfilmer schrieb Pérez Filmkritiken, leitete Kinodebatten und unterrichtete an der Escuela Internacional de Cine y Televisión in San Antonio de los Baños.
1988 veröffentlichte Fernando Pérez seinen ersten Spielfilm, das Widerstandsdrama Clandestinos, bei dem er wie für alle späteren Filme das Drehbuch verfasste und Regie führte. Sein internationaler Durchbruch gelang ihm 1994 mit Madagascar, einem Porträt dreier Frauengenerationen. La vida es silbar (1998), Madrigal (2007), José Martí – el ojo del canario (2010) und La pared de las palabras (2014) festigten Pérez’ Stellung als eines der faszinierendsten und meistbeachteten Filmemacher Lateinamerikas. Er wird gelobt für die brillante Cinematographie und die poetische Komposition seiner Filme, die mitunter surrealistische Züge haben. So fallen in La vida es silbar (Das Leben ist Pfeifen) die Figuren in Ohnmacht, wenn jemand das Wort «Libertad», Freiheit, ausspricht. Pérez ist regelmässiger Gast auf internationalen Filmfestspielen und hat zahlreiche wichtige Preise gewonnen, unter anderem bei der Berlinale, dem Sundance Film Festival, in San Sebastián und Los Angeles. Sein neuestes Filmprojekt befindet sich bereits in der Postproduktion.
In einem wöchentlichen Seminar an der Universität Bern wird Fernando Pérez seine Studierenden in die Kunst des Filmemachens einführen, mit Beispielen aus Werken der für ihn einflussreichsten Regisseure (Murnau, Fellini, Bertolucci, Bergman, Hitchcock, Scorsese) und einem Schwerpunkt auf dem lateinamerikanischen Kino, das er selbst mitgeprägt hat.
Eine öffentliche Filmreihe begleitet die Lehrveranstaltung: Das Berner Kino REX zeigt eine Retrospektive der Filme von Fernando Pérez. Vom 9. März bis 27. April, jeweils mittwochs 20:30 Uhr ausser die Auftaktveranstaltung am 9. März, die um 20 Uhr beginnt (www.rexbern.ch).
11.02.2016