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Allergiezellen: Aggressiv nach aussen, innen friedlich

Bei allergischen Entzündungen kommen bestimmte weisse Blutzellen oft vermehrt vor. Indem sie giftige Eiweisse freisetzen, schädigen sie die Haut, Schleimhäute und manchmal auch innere Organe. Ein internationales Team mit Berner Beteiligung zeigt nun auf, wie die Blutzellen die Giftigkeit eines solchen Eiweisses regulieren. Dabei wurden Ähnlichkeiten zur Alzheimer-Krankheit beobachtet.

Eosinophile sind Zellen unseres Immunsystems, die im Normalfall in geringer Zahl im Knochenmark produziert werden. Bei vielen Allergien werden sie indessen in grösserer Zahl hergestellt. Sie besitzen dann eine längere Lebenszeit und kommen vermehrt im Blut und in den betroffenen Organen vor (z.B. Lunge, Haut, Speiseröhre).

Die Aktivierung dieser Zellen ist gefährlich, weil sie dabei giftige Eiweisse aus ihren Granula – körnchenförmige Einlagerungen in den Zellen – ausstossen. «Das eigentliche Ziel der Zellen ist es, Keime abzutöten», sagt Hans-Uwe Simon vom Institut für Pharmakologie der Universität Bern. Leider komme es dabei auch zu «Kollateralschäden», die das körpereigene Gewebe treffen.

Nun hat eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Simon herausgefunden, wie die Zellen die Giftigkeit eines dieser granulären Eiweisse regulieren. Die Erkenntnisse zeigen neue Therapieansätze zur Behandlung von Erkrankungen auf, die im Zusammenhang mit Eosinophilen stehen (zum Beispiel Asthma oder Leukämien). Die Studie wurde in der Fachzeitschrift «Molecular Cell» publiziert.

Das Gift im Innern in Schach halten

Die Forschenden interessierte, wie Eosinophile es schaffen, hochgradig giftige Produkte in sich zu beherbergen, ohne dass sie selbst von innen verdaut werden. Sie untersuchten dafür ein Eiweiss aus den Granula der Eosinophilen, das «Major basic protein». «Die Zellen können dieses Eiweiss in einem ungiftigen Zustand lagern, indem sie daraus Kristalle bilden», so Simon.

Nachdem die Zellen das «Major basic protein» freigesetzt haben, interagieren die Moleküle miteinander und werden so in einen giftigen Zustand gebracht. Die fortschreitende Aggregation führt zu Eiweissablagerungen, sogenannten Plaques, wie sie von bestimmten Demenzerkrankungen bekannt sind. Interessanterweise limitieren diese Einweissablagerungen aber die Giftigkeit des «Major basic protein» und verhindern damit grössere Organschäden. Mit ihrer Studie konnten die Forschenden ein neues Konzept aufzeigen, wie körpereigene potenziell giftige Eiweisse reguliert werden. Es eröffnet zudem neue Ansätze zur Therapie allergischer und anderer eosinophiler Erkrankungen.

 

Angaben zur Publikation

Alice Soragni, Shida Yousefi, Christina Stoeckle, Angela B. Soriaga, Michael R. Sawaya, Evelyne Kozlowski, Inès Schmid, Susanne Radonjic-Hoesli, Sebastien Boutet, Garth J. Williams, Marc Messerschmidt, M. Marvin Seibert, Duilio Cascio, Nadia A. Zatsepin, Manfred Burghammer, Christian Riekel, Jacques-Philippe Colletier, Roland Riek, David Eisenberg, and Hans-Uwe Simon: Toxicity of Eosinophil MBP Is Repressed by Intracellular Crystallization and Promoted by Extracellular Aggregation, Molecular Cell, 19. März 2015, doi: 10.1016/j.molcel.2015.01.026

26.02.2015