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Energiesparen allein senkt CO2-Emissionen nicht

Wenn das Klima wärmer wird, muss in der Schweiz weniger geheizt werden. Wie eine Studie des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung der Universität Bern zeigt, gehen deshalb Energieverbrauch und CO2-Emissionen aber kaum zurück. Grund ist das Konsumverhalten: Die Menschen geben das Geld, das sie beim Heizen sparen, in anderen, unter Umständen ebenso energieintensiven Bereichen aus. Dieser Effekt muss bei der Beurteilung von Energiesparmassnahmen berücksichtigt werden.

Das Heizen von Wohnungen, Büros und Fabriken ist einer der grossen Energieposten der Schweiz. 2011 entfielen darauf gut 30 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Die Klimaerwärmung wird sich künftig auf den Verbrauch der Heizenergie auswirken: Je nach Szenario muss in der Schweiz 2050 zwischen 5 und 21 Prozent weniger geheizt werden.

Doch führt dies tatsächlich zu einer entsprechenden Verringerung des Energieverbrauchs und damit zu einer Reduktion der CO2-Belastung? Dieser Frage sind Klima- und Umweltökonomen des Berner Oeschger-Zentrums um die beiden Professoren Ralph Winkler und Philippe Thalmann nachgegangen.

Ihre im Rahmen des Klimafolgenberichts «CH2014-Impacts» entstandene Studie zeigt, dass sich der Verbrauch an Heizenergie nicht proportional zu den Schwankungen der Aussentemperatur verhält. «Der Gesamteffekt», so Ralph Winklers ernüchternde Bilanz, «ist sehr moderat.»

Verantwortlich für diese auf den ersten Blick widersprüchlichen Entwicklung ist der sogenannte Rebound-Effekt (englisch für Rückstoss). Damit bezeichnen Ökonomen den Umstand, dass Effizienzsteigerungen nicht im gleichen Ausmass zu Energieeinsparungen führen. Diese Überlegungen gelten auch, wenn sich Energie als Folge der Klimaerwärmung einsparen lässt.

Der Rebound-Effekt beschreibt, wie Konsumenten das Einkommen, das ihnen durch eingesparte Energie zusätzlich zur Verfügung steht, ausgeben. Beim direkten Rebound wird mehr Energie nachgefragt, da sie effizienter und dadurch billiger angeboten wird. Bezogen aufs Heizen bedeutet dies: Wer weniger für die Wärme bezahlt, leistet sich mehr Wohnkomfort und hebt die Raumtemperatur an.

Dass dieses in der Theorie beschriebene Verhalten mit der Praxis übereinstimmt, konnten die Berner Forschenden anhand von Daten der Firma NeoVac ATA AG nachweisen, die im Auftrag von Immobilienbesitzern in der ganzen Schweiz Heizabrechnungen erstellt. Die Umweltökonomen verglichen über 175'000 Abrechnungen aus den Jahren 2000 bis 2010 mit den sogenannten Heizgradtagen, einem Indikator für Temperaturschwankungen.

Dabei, so Ralph Winkler, habe sich ein «eindeutiger Zusammenhang» zwischen der Veränderung der Heizgradtage und höheren Raumtemperaturen gezeigt. Mit anderen Worten: Zumindest ein Teil der eingesparten Heizkosten wurde gleich wieder für zusätzliches Heizen ausgegeben.

Auch direkt bei den Treibhausgasemissionen ansetzen

Empirisch schwieriger nachzuweisen ist der indirekte Rebound. Er beschreibt, wie das Einsparen von Energiekosten durch Effizienzsteigerung dazu führt, dass andere Güter und Dienstleistungen konsumiert werden, die ebenfalls Energie verbrauchen. Wer also mit dem Geld, das er beim Heizen gespart hat, nach Thailand in die Ferien fliegt, braucht mehr Energie als zuvor – und hat damit unter dem Strich eine schlechtere CO2-Bilanz.

Wie sich dieses individuelle Verhalten für die ganze Schweiz auswirkt, haben die Ökonomen des Oeschger-Zentrums mit Hilfe eines Allgemeinen Gleichgewichtsmodells berechnet, das die Verhaltensanpassungen der Konsumenten und der Wirtschaft an die veränderten Bedingungen simuliert.

Die Resultate lassen aufhorchen: Die Einsparungen an Heizenergie als Folge des Klimawandels sind minim. Die Heizgradtage bis zum Jahr 2050 sinken um 14.5 Prozent, dennoch beträgt die Reduktion des Gesamtenergiebedarfs nur gerade 0.8 Prozent, die CO2-Emmissionen sinken um 1.1 Prozent.

Dieser Befund, so unterstreicht Klimaökonom Ralph Winkler, wirft Fragen zur Klimapolitik, beispielsweise in der Schweiz, auf: «Versuche, den Klimawandel vor allem durch Investitionen in Energieeffizienz zu bremsen, sind wohl zum Scheitern verurteilt.» Setze man einseitig auf Energiesparmassnahmen, zum Beispiel im Gebäudebereich, bleibe der Einfluss auf den CO2-Ausstoss der Schweiz gering.

«Eine effiziente Klimapolitik muss unbedingt auch direkt bei den Treibhausgasemissionen ansetzen», betont der Ökonomieprofessor. Nötig seien vor allem Massnahmen wie höhere Abgaben auf fossilen Treib- und Brennstoffen. «Wenn fossile Energieträger deutlich teurer werden, setzen sich effiziente Technologien von selbst durch.»

 

Die Studie ist unter dem Titel «Energy consumption of buildings – direct impacts of warming climate and rebound effects» im Bericht «CH2014-Impacts» erschienen. Diese Publikation kann kostenlos auf www.ch2014-impacts.ch heruntergeladen werden.

04.04.2014