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Buntbarsche akzeptieren mehr Zuzug bei Bedrohung

Fremde «Zuzüger» werden bei Buntbarschen geduldet, wenn sie bei der Abwehr von Fressfeinden helfen. Damit gleicht das Verhalten dieser Fischart demjenigen der Menschen, wo sich die Einwanderungspolitik in vielen Ländern explizit danach richtet, wie hoch die Entscheidungsträger den Bedarf an Helfern einschätzen.

Steigende Bedrohung durch Fressfeinde erhöht die Toleranz gegenüber fremden Artgenossen. Das gilt zumindest für eine afrikanische Buntbarsch-Art, wie an der Universität Cambridge und Bern tätige österreichische Wissenschafter in einer aktuellen Untersuchung herausfanden. Geht in der kooperativ brütenden Gruppe die Angst vorm Gefressenwerden um, akzeptieren das dominante Weibchen und Männchen eher fremde «Einwanderer». Dabei behalten die Fische auch zukünftige Gefahren im Blick. Ihre Studienergebnisse veröffentlichten die Forscher im Journal «Proceedings of the Royal Society B».


Bei der «Prinzessin vom Tanganjikasee» («Princess of Burundi»; Neolamprologus pulcher) handelt es sich um eine Buntbarsch-Art, die ausschliesslich im zentralafrikanischen Tanganjika-See vorkommt. Diese Fische bilden sehr kooperative soziale Gruppen. Das Recht auf Fortpflanzung ist aber meist auf ein dominantes Paar beschränkt. Die anderen Gruppenmitglieder helfen bei der Aufzucht der Nachkommen und bei der Verteidigung des Territoriums.


Wenn eine solche Gruppe jedoch sehr viele Mitglieder zählt, hat das auch negative Auswirkungen, da es vermehrt zu Konflikten um Ressourcen und um das Recht auf Fortpflanzung kommen kann. Aufgrund dieser Konflikte sei anzunehmen, dass neue Mitglieder nur toleriert werden, wenn sie gebraucht werden. Dies hat eine Forschergruppe um Markus Zöttl von der Abteilung Verhaltensökologie des Berner Instituts für Ökologie und Evolution herausgefunden.

Vorausschauendes Handeln

Um das zu untersuchen, präsentierten die Forscher verschiedenen Gruppen verschiedene Bedrohungsszenarien. Dafür wurden Aquarien durch durchsichtige Scheiben in mehrere Abteilungen unterteilt. Auf der einen Seite befand sich die Buntbarsch-Gruppe, auf der anderen Seite ein Fisch, der es entweder auf ihre Eier oder auf sie selbst abgesehen hat. In anderen Versuchsanordnungen wurden sie entweder mit einem pflanzenfressenden Fisch oder gar keinem Gegenüber konfrontiert.


In einer weiteren Abteilung befanden sich Buntbarsche, die Anschluss an eine Gruppe suchten. Nach einem Tag nebeneinander wurde die Trennwand entfernt und die Forscher zeichneten die Interaktionen zwischen den Einwanderern und der Gruppe sowie aggressives Verhalten gegenüber den Aussenstehenden auf. Die potenziellen Helfer wurden in Gruppen, die es mit Fressfeinden zu tun hatten, eher akzeptiert und in die Gruppe aufgenommen als in Gruppen ohne Bedrohungsszenario.


Dass das Verhalten der Fische auch durch zukünftige Bedrohungen definiert wird, zeigte sich darin, dass auch Gruppen, die einem Raubfisch gegenüberstanden, der es ausschliesslich auf ihre noch ungelegten Eier abgesehen hat, ebenfalls aufnahmebereiter waren. «Dieses vorausschauende Handeln ist für uns eine der grossen Überraschungen der Studie» sagt Zöttl, der nun als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Cambridge tätig ist. Solche Handlungsweisen habe man vorher schon bei Vögeln und Menschenaffen beobachtet.


Überrascht hat den Wissenschafter auch, wie weit das Verhalten der Buntbarsche dem der Menschen ähnelt. Die Einwanderungspolitik vieler Länder richte sich explizit danach, welchen Bedarf an Helfern die Entscheidungsträger eines Landes orten. Ist der Bedarf hoch, steige wie bei den Fischen die Wahrscheinlichkeit auf Aufnahme.

Bibliographische Angaben:

Markus Zöttl, Joachim G. Frommen, and Michael Taborsky: Group size adjustment to ecological demand in a cooperative breeder, Proceedings of the Royal Society B, 6. Februar 2013, doi:10.1098/rspb.2012.2772 

08.02.2013