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Globale Veränderungsprozesse erfordern neue Wissensgesellschaften – auch in den ärmsten Ländern

Im Nationalen Forschungsschwerpunkt Nord-Süd (NFS Nord-Süd) suchten sechs Schweizer Forschungsinstitute und 140 Partnerinstitutionen in Afrika, Asien und Lateinamerika nach Lösungen für Probleme des globalen Wandels. Heute präsentieren sie in Bern die Höhepunkte des 12-jährigen Forschungsprogramms und diskutieren mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Entwicklung und Forschung über das Potenzial von Forschungsnetzwerken für eine weltweite nachhaltige Entwicklung sowie die Anforderungen an die Schweizer Forschungsaussenpolitik.

Von den zehn Ländern mit dem derzeit stärksten Wirtschaftswachstum der Welt befinden sich sieben in Afrika. Sie verzeichnen jährliche Wachstumsraten von 7 Prozent, was einer Verdopplung der Wirtschaftsleistung in 10 Jahren entspricht. Mit dem rasanten Wirtschaftswachstum sind allerdings auch negative Effekte verbunden: Ressourcen werden knapp, Umweltprobleme nehmen zu und soziale Spannungen verschärfen sich.

Um diese Herausforderungen zu meistern, braucht es gut ausgebildete lokale Fachpersonen und den Aufbau entsprechender institutioneller Kapazitäten vor Ort. Genau da setzte der Nationale Forschungsschwerpunkt Nord-Süd (NFS Nord-Süd) an.

Hans Hurni und Urs Wiesmann, die Direktoren des NFS Nord-Süd, meinen rückblickend: «Das wichtigste Ziel unserer Forschung war, sowohl im globalen Süden wie auch in der Schweiz Fähigkeiten auszubauen und Fachkompetenzen zu erweitern. Dies ist uns dank der vielen langfristigen Forschungskooperationen gelungen.»

Mutiges Parlament

Der NFS Nord-Süd wurde im Jahr 2001 unter den ersten 14 nationalen Forschungsschwerpunkten vom schweizerischen Parlament lanciert. Der Entscheid erfolgte mit der Begründung, dass die Schweiz interessiert sei, einen Beitrag zur Lösung der Probleme des Globalen Wandels zu leisten, die Nachhaltigkeitsforschung in der Schweiz zu verankern und Forschungskompetenzen in den Ländern des Südens aufzubauen.

Das Programm wurde vom Schweizerischen Nationalfonds, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit und den beteiligten Institutionen mit 100 Millionen Schweizer Franken über 12 Jahre finanziert.

Erfolge des NFS Nord-Süd

Die Schweiz hat ihre Position in den Forschungsthemenfeldern «Globaler Wandel» und «Nachhaltige Entwicklung» im Rahmen des NFS Nord-Süd international gestärkt. In den Entwicklungsländern war der gemeinsame Aufbau von Kapazität und Kompetenz besonders effektiv.

Über 200 Masterstudierende, 130 Doktorierende und 20 Post-Doktorandinnen aus dem Süden haben im Programm ihren Abschluss gemacht. 95 Prozent dieser Absolventinnen und Absolventen sind heute in ihrem Heimatland oder in anderen Entwicklungsländern als Professorinnen in Forschung und Lehre, als Berater in der Praxis oder in der Politik tätig.

Weltweite Veränderungsprozesse fordern neue Wissensgesellschaften

Investitionen in Forschungskapazitäten und damit der Aufbau von Wissensgesellschaften tragen wesentlich zur Entwicklung bei. Staaten, die in Bildung und Wissen investieren, sind in der Armutsbekämpfung längerfristig erfolgreicher, wie Beispiele von Schwellenländern, aber auch von den sich rasch entwickelnden Ländern in Afrika zeigen.

Die Schweiz könnte mit ihrem hohen Bildungskapital eine Schlüsselrolle beim Aufbau von Wissensgesellschaften in Entwicklungsländern spielen. Nationalrätin Kathy Riklin sieht für die Schweiz diesbezüglich eine grosse Chance: «Wir könnten internationale Wissenschafts- und Forschungsbeziehungen stärken und zugleich Forschung, Entwicklung und Innovation in der Schweiz fördern.»

Dies bedingt jedoch, dass die Forschungskooperation in und mit Entwicklungsländern als eigenständiger Bereich sowohl in der Schweizer Wissenschaftspolitik als auch in der Entwicklungszusammenarbeit verankert ist.

Ob das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation zusammen mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit einen solchen Schritt wagt, ist fraglich. Die weltweiten Veränderungsprozesse bieten Anlass zu prüfen, inwiefern das aktuelle Instrumentarium der Forschungsaussenpolitik den neuen Anforderungen genügt.

Nationalratspräsidentin Maya Graf ist überzeugt: «Der globale Wandel bietet die Gelegenheit für eine verstärkte Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Ebene, besonders mit den ärmsten Ländern. Insbesondere über ihre Hochschulen ist die Schweiz ideal positioniert, ihren Beitrag an die nachhaltige Entwicklung der Länder des Südens zu erhöhen.»

Der nationale Forschungsschwerpunkt Nord-Süd in Kürze

Rund 1250 Forschende suchten im NFS Nord-Süd nach Lösungen für Probleme des Globalen Wandels. Sechs Schweizer Forschungsinstitute und 140 Partnerinstitutionen in Afrika, Asien und Lateinamerika waren am Programm beteiligt. Geforscht wurde zu Armut, Konflikten, Gesundheit und Abwasser, natürlichen Ressourcen und Regierungsführung.

Das Programm wurde vom Schweizerischen Nationalfonds, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit und den beteiligten Institutionen mit 100 Millionen Schweizer Franken über 12 Jahre finanziert. Die Schweizer Forschungsinstitute haben sich im Themenfeld «Globaler Wandel» internationale Anerkennung verschafft:

  • Migration und Armut: Development Study Group, Universität Zürich (DSGZ)
  • Konfliktbewältigung: Swisspeace, Bern und Basel
  • Gesundheitssysteme: Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut, Basel
  • Siedlungshygiene und Abwasserbewirtschaftung: Eawag-Sandec, Dübendorf
  • Natürliche Ressourcen und nachhaltige Regionalentwicklung: Interdisziplinäres Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) der Universität Bern
  • Gouvernanz: Graduate Institute of International and Development Studies (IHEID), Genf

Wie geht es weiter?

Aus dem NFS Nord-Süd sind das Interdisziplinäre Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) an der Universität Bern und die «International Graduate School North-South» (IGS North-South) hervorgegangen, an der die Universitäten Basel, Bern und Zürich ein Doktorierendenprogramm zu den Themen «Globaler Wandel», «Nachhaltige Entwicklung» und «Innovation» anbieten.

Das Netzwerk der Schweizer Partnerinstitute wird im Rahmen der IGS North-South weitergeführt. Der Kontakt zu den Partnern im Süden bleibt weiterhin zentral für die Forschung für nachhaltige Entwicklung. Allerdings muss das Schweizer Netzwerk des NFS Nord-Süd nun neue Wege finden, um die über 12 Jahre aufgebauten Kapazitäten in seinen acht Verbindungsbüros zu sichern und damit einen Beitrag zum Aufbau von Wissensgesellschaften im Süden zu leisten.

 

Quelle: NFS Nord-Süd und Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE)

04.06.2013