Vier neue Förderungsprofessuren an der Universität Bern
Der Schweizerische Nationalfonds vergibt in diesem Jahr insgesamt 41 Förderungsprofessuren an ausgezeichnete Nachwuchsforscherinnen und -forscher. Vier davon gehen an die Universität Bern.
Vier Forscherinnen und Forscher haben an der Universität Bern eine Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zugesprochen bekommen. Die hervorragenden Nachwuchsforschenden sind in der Geschichte (2), in der Kognitiven Psychologie (1) und in der Anatomie (1) angesiedelt. Im Weiteren wurden drei der seit 2008 bestehenden Berner Förderungsprofessuren verlängert. Der SNF hat in der 13. Ausschreibung 41 Förderungsprofessuren vergeben; insgesamt 192 Jungforschende hatten sich darum beworben. Mit der Unterstützung von durchschnittlich 1,4 Millionen Franken – verteilt auf vier Jahre mit der Möglichkeit auf zwei Jahre Verlängerung – können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein eigenes Team aufbauen und ein eigenes Forschungsprojekt an ihrer Gastinstitution umsetzen.
Die neuen Berner Förderungsprofessuren:
Lobmaier Janek (Psychologie) mit dem Projekt: «The role of the human face in social interactions: Basic mechanisms and neurobiological underpinnings of social cognition.» Vorgesehener Gastort: Institut für Psychologie.
Das menschliche Gesicht enthält verschiedene Merkmale, welche die Wahrnehmung einer Person und damit auch die soziale Interaktion mit ihr beeinflussen können. Aus dem Gesicht lässt sich zum Beispiel ablesen, ob eine Person glücklich oder traurig, alt oder jung oder ob sie attraktiv oder weniger attraktiv wahrgenommen wird. Janek Lobmaier untersucht die psychologischen und neurobiologischen Einflüsse auf die Interpretation solcher sozial relevanten Aspekte von Gesichtern. Von besonderem Interesse ist dabei, welche Rolle Hormone (z.B. Geschlechtshormone) in der sozialen Wahrnehmung spielen.
Scheuzger Stephan Martin (Geschichte) mit dem Projekt: «Die globale Produktion und Zirkulation des Wissens von Strafe und sozialer Kontrolle. Eine Verflechtungsgeschichte von Techniken der Haft und der Identifikation des Kriminellen von den 1830er bis in die 1920er Jahre.» Vorgesehener Gastort: Historisches Institut.
Im Verlauf des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde das Gefängnis zur weltweit wichtigsten Institution der Bestrafung. Stephan Scheuzger untersucht in seinem Forschungsprojekt erstmals systematisch die Bedeutung von Wissen über Zwecke und Formen des Strafvollzugs für die Entwicklung des modernen Gefängniswesens in dieser Zeit. Im Fokus steht die Rolle, die postkoloniale und koloniale Akteure nicht nur als Rezipienten, sondern auch als Produzenten von Wissen über Kriminalität und deren Bekämpfung spielten.
Siebenhüner Kim (Geschichte) mit dem Projekt: «Textilien und materielle Kultur im Wandel: Konsum, kulturelle Innovation und globale Interaktion in der Frühen Neuzeit.» Vorgesehener Gastort: Historisches Institut.
Kalikos waren bunt bedruckte, in Indien hergestellte Baumwollstoffe, die seit dem 16. Jahrhundert zunehmend nach Europa importiert und hier zu begehrten Waren wurden. Die Europäer lernten im Laufe des 18. Jahrhunderts die Stoffe zu imitieren und letztlich durch die Produktion von sogenannten Indiennes zu ersetzen. Kim Siebenhüner untersucht, wie sich die frühneuzeitliche Textilkultur durch europäisch-indische Verflechtungsprozesse erneuerte und Innovationen von Design, Geschmack und Konsum nach sich zog.
Zuber Benoît (Anatomie) mit dem Projekt: «Time-resolved structural study of calcium-dependent membrane fusion.» Vorgesehener Gastort: Institut für Anatomie.
Nervenzellen kommunizieren mit Hilfe der Exozytose miteinander: Die Nervenzellen senden durch Ausschüttung von Botenstoffen chemische Signale aus, die von benachbarten Neuronen erkannt und verwertet werden können. Dabei fusionieren kleine Membrankügelchen, sogenannte Vesikel, mit der Zellmembran. Der molekulare Mechanismus der Exozytose ist bis jetzt noch nicht im Detail beschrieben worden. Benoît Zuber und sein Team wollen diese Kommunikation der Nervenzellen mit Hilfe des Elektronenmikroskops visualisieren. Die Untersuchungen sollen ungelöste Fragen der Exozytose klären und zu einem besseren Verständnis der Hirnfunktionen führen.
Von der Förderungsprofessur auf die Professur
Die Kandidatinnen und Kandidaten für eine Förderungsprofessur des SNF müssen mindestens zwei bis maximal neun Jahre Forschungserfahrung nach dem Doktorat und einen Forschungsaufenthalt im Ausland nachweisen können. Der Status der Förderungsprofessorinnen und -professoren entspricht dem einer Assistenzprofessur. Das Förderprogramm des SNF, das seit 1999 läuft, hat sich als Karrieresprungbrett erwiesen: Mehr als 70 Prozent aller Geförderten aus den ersten acht Ausschreibungsrunden (2000–2007) wurden in der Zwischenzeit auf Professuren berufen.
08.03.2012