Fünf Projekte am Tag der Klinischen Forschung ausgezeichnet
Forschungspreis 2011 der Universität Bern
Der diesjährige Preisträger ist Dr. Alexandre Theocharides von der Forschungsgruppe Experimentelle Hämatologie des Departements Klinische Forschung. Sein Forschungsinteresse gilt dem Entstehungsprozess von sogenannten myeloproliferativen Neoplasien, einer Gruppe chronischer Stammzellerkrankungen des Blutes. Diese Krankheiten können zu Gefässverschlüssen – wie Herzinfarkt oder Schlaganfall – und Blutungen sowie in seltenen Fällen zu akuter Leukämie führen. Das prämierte Projekt untersucht den mehrstufigen Entstehungsprozess dieser Bluterkrankungen im Knochenmark. Als Auslöser werden genetische Veränderungen während der Entwicklung der Blutstammzelle vermutet. Diese genetischen Veränderungen untersucht die Forschungsgruppe – denn sie wären optimale Ansatzpunkte für zukünftige Therapien: Damit würden die entarteten Blutzellen spezifisch blockiert, während die gesunden Blutzellen unbeeinflusst bleiben. Zudem werden Blutstammzellen von bereits therapierten Patientinnen und Patienten untersucht, um herauszufinden ob die Gendefekte als Folge der Therapie verschwinden. Eine gezielte Korrektur dieser Gendefekte am Ursprung der Erkrankung ist laut den Forschenden erfolgsversprechend für die Behandlung und möglicherweise gar Heilung dieser Bluterkankungen.
Alexandre Theocharides (36) arbeitet im Forschungslabor der Experimentellen Hämatologie am Universitätsspital Bern unter der Leitung von Prof. Dr. Gabriela Baerlocher sowie an der Uniklinik für Hä-matologie und am Hämatologischen Zentrallabor unter Prof. Dr. Bernhard Lämmle. Nach der Ausbildung in Innerer Medizin am Kantonsspital Bruderholz (BL), Forschung und klinischer Weiterbildung in der Hämatologie am Universitätsspital Basel forschte der gebürtige Basler drei Jahre an der University of Toronto in Kanada.
Förderpreise in der Höhe von je CHF 2000.-
Der diesjährige DKF-Preis für die beste patientenbezogene Arbeit wurde an Dr. med. Florian Singer, Departement Klinische Forschung, Forschung Pneumologie (Pädiatrie) verliehen für das Forschungsprojekt «Double tracer gas single breath washout – a new lung function tests in children with and without cystic fibrosis».
Florian Singer hat im Rahmen seiner PhD-Arbeit mitgeholfen, eine neue Lungenfunktions-Methode zu validieren, die in der Kinderklinik Bern entwickelt wurde. Die neue Technik ist einfach, weil nur ein einziger Atemzug nötig ist, um eine ungleiche Belüftung der Lunge zu messen. Daher ist die Technik sehr attraktiv für die klinische Praxis – insbesondere in der Pädiatrie, weil selbst kleine Kinder die Tests schnell und zuverlässig machen können. Für dieses Projekt hat Singer 74 Kinder mit Cystischer Fibrose (CF) – einer angeborenen Lungenerkrankung – und 40 gesunden Kontrollpersonen untersucht. Er hat bei der Ausatmung einen deutlichen Unterschied in der Konzentrationsänderung des Gasgemisches zwischen CF-Patienten und gesunden Kontrollpersonen gefunden. Der Test wird nun weiter überprüft – auch auf eine mögliche Anwendung bei anderen Lungenerkrankungen.
Der Preis für die beste laborbezogene Arbeit ging dieses Jahr an Dr. med. Robert H. Andres, Universitätsklinik für Neurochirurgie, für seine Arbeit «Creatine improves the metabolic state of murine and human neural stem cells and promotes expansion, migration and neuronal induction».
In der Medizin werden grosse Anstrengungen unternommen, um nach einem Hirnschlag die zerstörten Hirngebiete zu reparieren. Ein vielversprechendes therapeutisches Konzept ist die Transplantation von neuronalen Stammzellen in das geschädigte Gehirn. Die Herausforderung, welche sich dabei stellt, ist die ‚richtige’ Differenzierung und Migration dieser Zellen im Gehirn. Basierend auf seinen früheren Arbeiten postulierte Robert Andres, dass die Vorbehandlung von neuronalen Stammzellen mit Kreatin deren metabolischen Zustand verbessert. Er konnte aufzeigen, dass das sogenannte Kreatin/Phosphokreatin-System eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von neuronalen Stammzellen spielt. Sowohl die Differenzierung in erwachsene Nervenzellen, wie auch deren Migration nach Transplantation ins Gehirn wurden durch die Kreatingabe signifikant erhöht. Die Resultate seiner Studien bilden die Grundlage für ein verbessertes Verständnis des Kreatin/Phosphokreatin-Systems für neuronale Stammzellen und eröffnet neue Wege in der Therapie des Hirnschlages mittels Zelltransplantation.
Der Preis für die beste Arbeit eines Medizinstudenten ging dieses Jahr an Lukas Zürcher, Universität Bern, Theodor Kocher Institut, für seine Arbeit «Wnt-Pathway stimulation to enhance tightness of brain endothelial cells».
Die störungsfreie Funktion der Nervenzellen im zentralen Nervensystems (ZNS) ist auf eine konstante Umgebung angewiesen. Deshalb bilden die Blutgefässe des ZNS mit der Blut-Hirn Schranke (BHS) eine schützende Barriere vor dem wechselhaften Milieu im Blutkreislauf. In vitro-Modelle der Blut-Hirn-Schranke mit guten Barriere-Eigenschaften sind für die Erforschung von Transportmechanismen in das ZNS von hoher Bedeutung. Da in vivo der sogenannte Wnt-Signalweg entscheidend zur Differenzierung der Blut-Hirn-Schranke beiträgt, könnte eine Stimulation dieses Signalwegs eine gute Strategie zur Verbesserung von in vitro-BHS-Modellen sein. Dies konnte Lukas Zürcher mit seiner Studie bei in-vitro-BHS-Modellen nun tatsächlich belegen. Seine Arbeit bildet die wissenschaftliche Grundlage für optimierte in vitro-BHS-Modelle und für weitere Studien zum Wnt-Signalweg.
Der diesjährige Alumni MedBern Preis geht an Dr. Michaela Medovà vom Departement Klinische Forschung, Forschung Radio-Onkologie für ihre Arbeit «Characterization of the inhibitory capacity of EMD1214063, a novel small molecule inhibitor of the MET hepatocyte growth factor receptor on a panel of MET mutated variants».
Die Studie evaluiert die Wirksamkeit eines niedrig molekulargewichtigen Hemmstoffes für ein spezifisches Oberflächenprotein, dessen Aktivität in vielen menschlichen Tumoren dereguliert ist und sich aus diesem Grund als ein therapeutisches Zielmolekül anbietet. Die Arbeit, die von Dr. Medovà und ihren Kolleginnen und Kollegen (in Zusammenarbeit mit der Gruppe der Radioonkologie und Merck Pharma/ Darmstadt) durchgeführt wurde, zeigte eine starke Hemmung verschiedener Tumor-assoziierter Charakteristika – wie Vermehrung und Überleben der Zellen – durch diese Verbindung. Dies war sowohl in Zellkulturen als auch in Tiermodellen der Fall. Die Resultate dieser Arbeit unterstreichen, dass das untersuchte Oberflächenprotein als ein Zielmolekül für die Verminderung von Tumor-Wachstum benutzt werden kann.
02.11.2011