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Schmerzmittel erhöhen Herzinfarktrisiko

Wer regelmässig – auch rezeptfrei erhältliche – Schmerzmittel einnimmt, verschafft sich nicht nur Linderung, sondern setzt sich oft dem erhöhten Risiko aus, einen Herz- oder Hirninfarkt zu erleiden. Zu diesem Ergebnis gelangt eine an der Universität Bern im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Muskuloskelettale Gesundheit – Chronische Schmerzen» (NFP 53) durchgeführte Meta-Analyse von 31 klinischen Studien.

Die meist verwendeten Schmerzmittel gehören zur Klasse der nicht-steroidalen Entzündungshemmer. Sie stillen Schmerzen, senken das Fieber und hemmen Entzündungen, aber weisen neben ihren erwünschten Wirkungen auch Risiken auf. Diese haben Forschende um Peter Jüni vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern im Rahmen des NFP 53 nun neu quantifiziert. Resultate von 31 klinischen Studien zu sieben verschiedenen Schmerzmitteln und die Angaben von 116'429 Patienten flossen in ihre umfangreiche Netzwerk-Meta-Analyse ein, welche soeben in der Fachzeitschrift «British Medical Journal» erschienen ist. Darin kommen die Forschenden zum Schluss, dass einige nicht-steroidale Entzündungshemmer das Risiko für Herz- und für Hirninfarkte beträchtlich erhöhen. «Wegen ihrer – oft unterschätzten – kardiovaskulären Risiken ist bei dieser Klasse von Schmerzmitteln Vorsicht geboten», sagt Sven Trelle, der ebenfalls am Institut für Sozial- und Präventivmedizin tätige Erstautor der Studie.

Bis zu vierfach erhöhte Herz-Kreislauf-Sterblichkeit

Die Forschenden haben die Nebenwirkungen von Naproxen, Ibuprofen, Diclofenac, Celecoxib, Etoricoxib, Rofecoxib und Lumiracoxib zusammengetragen. Diese Medikamente kommen oft bei älteren Patienten zum Einsatz, welche neben ihren muskuloskelettalen Beschwerden häufig auch mit Herz-Kreislaufproblemen vorbelastet sind. Ohne Medikamente stirbt daran im Durchschnitt während eines Jahres einer von hundert Patienten.

Alle untersuchten Medikamente sind mit einem erhöhten Risiko für Herz- oder Hirninfarkt verbunden. Das höchste Risiko bringen das rezeptfrei erhältliche Diclofenac (ein herkömmliches Schmerzmittel) und das seit letztem Jahr in der Schweiz zugelassene Etoricoxib (ein COX-2 Hemmer) mit sich: Beide Medikamente gehen im Vergleich zu einem Scheinmedikament (Placebo) mit einer vierfach erhöhten Herz-Kreislauf-Sterblichkeit einher.

Das günstigste Risikoprofil weist der Wirkstoff Naproxen auf. Mit diesem Wirkstoff sind allerdings erhebliche Nebenwirkungen im Bereich des Magen-Darm-Traktes verbunden, welche den therapeutischen Nutzen von Naproxen oft schmälern.

Sowohl herkömmliche wie auch neuere, so genannte COX-2 selektive Schmerzmittel – welche nur eines der beiden an der Entzündungsreaktion beteiligten Enzyme hemmen und darum theoretisch viel spezifischer wirken sollten – erhöhen das Risiko, an Herz-Kreislaufproblemen zu sterben. Dies zeige, dass Unterschiede in den molekularen Eigenschaften der Wirkstoffe nicht immer zu unterschiedlichen Nebenwirkungen führten, sagt Trelle.

Zurückhaltung angezeigt

«Unsere Resultate erlauben zwar keine Rückschlüsse auf mögliche Nebenwirkungen von Wirkstoffen, die wir nicht untersucht haben», sagt Jüni. Doch ihre Analyse haben sie nur aus einem Grund nicht weiter ausgeweitet: weil für die anderen nicht-steroidalen Entzündungshemmer keine oder nur wenige verlässliche Daten zur kardiovaskulären Sicherheit vorliegen. Keinesfalls dürfe man deshalb aus den fehlenden Sicherheitsdaten schliessen, dass die anderen Schmerzmittel nebenwirkungsfrei seien, warnt Jüni. Bei Patienten mit muskuloskelettalen Beschwerden sei für alle Medikamente dieser Klasse Zurückhaltung angezeigt.

Nationales Forschungsprogramm «Muskuloskelettale Gesundheit – Chronische Schmerzen» (NFP 53)

Während fünf Jahren bis Ende 2009 haben insgesamt 26 verschiedene Forschungsprojekte die Gesundheit des Bewegungsapparats in der Schweizer Bevölkerung ausgeleuchtet. Dabei haben Forschende die Ursachen der Beschwerden untersucht, die bestehenden Therapien kritisch hinterfragt und neue Ansätze entwickelt, mit denen die Gesundheit des Bewegungsapparates aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden kann.

Quellenangabe:

Sven Trelle, Stephan Reichenbach, Simon Wandel, Pius Hildebrand, Beatrice Tschannen, Peter M. Villiger, Matthias Egger, Peter Jüni: Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: a network meta-analysis. British Medical Journal online, Januar 2011, doi: 10.1136/bmj.c7086

Quelle:
Medienmitteilung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF)

12.01.2011