Jahresmedienkonferenz: Viele neue Gesichter an der Universität Bern
Drei Teilchenphysiker wurden diesen Sommer samt ihren Forschungsteams von Neuchâtel nach Bern transferiert. Die Universität hat in den letzten vier Jahren einen Viertel ihrer Professorinnen und Professoren neu berufen. Und fast 3000 Studierende nehmen heuer ein Studium in Angriff.
Die 175-Jahrfeier der Universität, die 2009 stattfinden wird, hat eine
weitere Hürde gemeistert: Der Grosse Rat hat dem Lotteriefondsbeitrag
und der Mittelverwendung der Universität zugestimmt. Das Budget für das
Jubiläum beträgt 3,14 Mio. Franken: 950'000 Franken aus dem
ordentlichen Budget, 900’0000 Franken vom Lotteriefonds des Kantons
Bern, rund 1,2 Mio. Franken stellen Privatfirmen und Stiftungen zur
Verfügung. Einen wichtigen Grund für die Zustimmung sieht Rektor Urs
Würgler darin, dass die geplanten Veranstaltungen im ganzen Kanton
stattfinden sollen.
In diesem Sommer wurde ein ganzer Bereich der Universität Neuchâtel
nach Bern gezügelt: Drei Gruppen von Teilchenphysikern wurden,
rechtzeitig zum Start der Experimente mit dem Teilchenbeschleuniger
«Large Hadron Collider» am CERN, in das Physikalische Institut der
Universität Bern integriert. Damit entsteht in Bern ein national und
international bedeutendes Zentrum für Teilchenphysik. «Dieser Transfer
ist ein gutes Beispiel einer Portfolio-Optimierung, die Modellcharakter
haben kann», erklärte Würgler.
In den letzten vier Jahren wurden etwa 25 Prozent der aktuell 327
ordentlichen und ausserordentlichen Professuren der Universität neu
besetzt. Dies bedeutet für die verschiedenen Gremien, die sich damit
befassen müssen, einen enormen Aufwand. «Ein einzelnes
Berufungsverfahren dauert etwa eineinhalb Jahre», so Rektor Würgler.
Trotz grosser Anstrengungen sei der Frauenanteil immer noch bescheiden.
Allerdings sei es der Universität gelungen, den Anteil an neuberufenen
Schweizerinnen und Schweizern in den letzten Jahren etwas zu steigern.
Lehre: Die Philosophischen Fakultäten legen zu
In diesem Herbstsemester steigt die Zahl der Studierenden an der
Universität Bern erneut an: auf 13'477 reguläre Studentinnen und
Studenten, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Prozent
entspricht. Gunter Stephan, Vizerektor Lehre, bezeichnete die
Studierenden als wichtige Mitglieder der Universität, zu denen auch
über das Studium hinaus ein Kontakt bestehen bleiben soll. Deshalb habe
die Universität zu Beginn des Jahres 2007 eine fakultätsübergreifende
Ehemaligenorganisation Alumni UniBE gegründet. Bei den etwa 2800
Neuimmatrikulierten zeigt sich eine Verschiebung innerhalb der
Fakultäten: Während die Philosophisch-naturwissenschaftliche und die
Philosophisch-historische Fakultät stärker anwachsen, verzeichnen die
Rechtswissenschaftliche und die Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftliche Fakultät weniger Zulauf als in den vergangenen
Jahren. Stephan zeigte sich zufrieden mit der hohen Mobilität der
Berner Studierenden: 29 Prozent aller Masterstudierenden haben einen
Bachelor einer anderen Universität. «Dieser hohe Wert zeigt die
Attraktivität unserer Universität», so der Vizerektor.
Forschung: Der Nachwuchs wird gefördert
«Wir haben ein Nachwuchsproblem», konstatierte Felix Frey, Vizerektor
Forschung. Deshalb werden junge Forschende jetzt mit gezielten
Projekten unterstützt. Ein im Frühjahr 2008 lanciertes Projekt hat zum
Ziel, Nachwuchsforschenden bei der Vorbereitung ihres ersten Gesuchs
beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zu helfen. Frey führte aus:
«Die Erfolgsquote bei Berner Forschenden war im Jahr 2007 nur halb so
hoch wie im gesamtschweizerischen Durchschnitt.» Erstgesuchstellende
konnten zur Vorbereitung eines Gesuchs maximal 50'000 Franken
beantragen; aus dem Innovationsfonds der Universität stand dafür eine
Million Franken zur Verfügung. Zudem unterstützt die
Universitätsleitung die Einrichtung von Graduate Schools, denn ein PhD
ist die Basis für eine zukünftige Forscherkarriere. In den
PhD-Programmen der Graduate Schools müssen die Absolventinnen und
Absolventen drei Jahre erfolgreich Forschungsarbeit leisten. In zwei
ihrer Profilierungsthemen verfügt die Universität bereits über Graduate
Schools: In der Biomedizin mit der «Graduate School for Cellular and
Biomedical Sciences» und in der Klimaforschung mit der «Graduate School
of Climate Sciences». Die Einrichtung weiterer Graduate Schools ist
geplant.
Zwei Berner Forscher haben sich im vergangenen Jahre eine hohe
Auszeichnung verdient: Sie erhielten Förderbeiträge vom Europäischen
Forschungsrat («European Research Council», ERC). Der Molekularbiologe
Dr. Oliver Mühlemann bekommt einen «ERC Starting Grant» von zwei
Millionen Franken. 9000 Forscher aus 21 Ländern hatten sich darum
beworben, nur 300 hatten Erfolg. Prof. Dr. Hubertus Fischer, der im
Frühjahr 2008 auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Experimentelle
Klimaphysik berufen wurde, erhält einen «ERC Advanced Grant» von 2,1
Millionen Euro.
Verwaltung: Universitätsbibliothek ist auf Kurs
2007 wurde die Stadt- und Universitätsbibliothek (StUB) als selbständige Stiftung aufgelöst und in die Universität integriert. Das Projekt «Neue Bibliotheksorganisation NBO», das die universitären Bibliotheken in die Universitätsbibliothek (UB) zusammenführt, kann fristgerecht 2009 abgeschlossen werden. Die UB wird dann rund 250 Mitarbeitende in gegen 50 Teilbibliotheken an 30 Standorten umfassen. Die Zentralbibliothek an der Münstergasse erfülle ihren Auftrag für eine breite Öffentlichkeit weiterhin sehr gut, sagte Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt. Sie verzeichnet jährlich über 400'000 Ausleihen und hat im Durchschnitt gegen 900 Besucher täglich. Grosse Besorgnis löse jedoch die jährlich sehr hohe Preissteigerung der Verlage im Zeitschriftenbereich aus: Die durchschnittliche jährliche Teuerung beläuft sich seit einigen Jahren auf gegen 10 Prozent. Angesichts der stagnierenden Mittel für den Medienerwerb droht der Universität dadurch eine gefährliche Ausdünnung des Medienbestandes. Denn: «Wissenschaft funktioniert nicht ohne Zeitschriften», so Odermatt.
11.09.2008