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Berner Klimaphysiker erhält europäischen Förderbeitrag von 3,4 Millionen

Prof. Dr. Hubertus Fischer, der im Frühjahr auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Experimentelle Klimaphysik an das Physikalische Institut der Universität Bern berufen wurde, erhält vom Europäischen Forschungsrat (ERC) einen Förderbeitrag von 3,4 Millionen Franken.

Um die prestigeträchtigen «ERC Advanced Grants» bewarben sich über 2'100 Spitzenforscherin-nen und -forscher aus ganz Europa. Mit den Förderbeiträgen will der Europäische Forschungsrat Projekte mit hohem Innovationspotenzial unterstützen. Den ausgewählten Forschenden, die zu den führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in ihrem Bereich gehören mussten, wird bei der Förderung ein besonders hoher Freiraum zur Verwirklichung ihrer Visionen zugestanden. 997 Antragssteller hatten sich im Bereich «Physik und Technologie» beworben, die anderen in den Bereichen «Lebenswissenschaften und Medizin» sowie «Sozial- und Geisteswissenschaften». Die «ERC Advanced Grants» wurden dieses Jahr zum ersten Mal vergeben und haben eine Laufzeit von fünf Jahren.

Die globalen Klimaänderungen besser verstehen

Hubertus Fischer erhält den Förderbeitrag für das Projekt «MATRICs» (Modern Approaches for Temperature Reconstructions in polar Ice Cores), dessen Ziel es ist, globale Klimaschwankungen in der Vergangenheit in höchster Auflösung und Genauigkeit zu rekonstruieren. Um die vom Menschen verursachte globale Klimaerwärmung und deren Folgen genau einschätzen zu können, ist es essentiell, die natürlichen Schwankungen des weltweiten Klimasystems und die Zusammenhänge zwischen klimatischen und biogeochemischen Vorgängen zu verstehen. Die Untersuchung von Klimaveränderungen in der Vergangenheit ist deshalb eine der Kernaufgaben der weltweiten Klimaforschung – und eine Spezialität der Universität Bern. Als besonders wichtig für die Erforschung der Klimageschichte haben sich Eisbohrkerne erwiesen: Sie liefern nicht nur Angaben über Klimaschwankungen während mehrerer 100'000 Jahre, sondern enthalten auch Informationen über damals herrschende Treibhausgaskonzentrationen.

«MATRICs» entwickelt neue Methoden und Techniken, die auf dem letzten Stand der Massen- und Laserspektrometrie basieren, die nun zur Untersuchung von Eisbohrkernen des Nord- und Südpols eingesetzt werden. Die Innovation besteht weiterhin darin, gleichzeitig die Temperatur von verschiedenen Regionen der Erde rekonstruieren zu können – aus einem einzigen Eisbohrkern. Damit fallen die bisherigen Schwierigkeiten beim Datenabgleich aus verschiedenen natürlichen Klimaarchiven wie Eisbohrkernen oder Meeressedimenten weg. «MATRICs» leistet Vieles: Es rekonstruiert die lokalen Temperaturen in Grönland und der Antarktis in kontinuierlicher, saisonaler Auflösung, soll Klimaschwankungen auf Kontinenten, die nicht von Eis bedeckt waren, abschätzen, sowie mittels eines neuen physikalischen Eisbohrkern-Thermometers die damalige durchschnittliche weltweite Meerestemperatur aufzeigen. Durch das Zusammenführen all dieser Informationen können die Schwankungen vergangener Klimasysteme über lange Zeitperioden analysiert werden. Die Forschenden erhoffen sich daraus auch eine Antwort auf die Frage, wodurch ein Wechsel von einer Eiszeit zu einer Warmperiode ausgelöst wird.

Das Projekt «MATRICs» wird vom Europäischen Forschungsrat unterstützt. Dafür sind in den nächsten fünf Jahren 3,4 Millionen Franken vorgesehen. Die Mittel in «MATRICs» sollen vor allem jungen Forschenden zugute kommen, um sie zu führenden Klimatologinnen und Klimatologen auszubilden.

Prof. Dr. Hubertus Fischer (42) studierte Physik in Deutschland und den USA und doktorierte 1997 am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg. Nach einem Aufenthalt als Postdoc an der «Scripps Institution of Oceanography» in La Jolla (Kalifornien/USA) dozierte er seit 1999 an der Universität Bremen und forschte für das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, unter anderem für das Projekt «EPICA» (European Project for Ice Coring in Antarctica), an dem auch die Universität Bern beteiligt ist. Fischers Forschungsschwerpunkte liegen in der Rekonstruktion der Klima- und Atmosphärendynamik in der Vergangenheit sowie der Kopplung von Klima und biogeochemischen Kreisläufen, die zu Änderungen der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre führen. Er wurde im Mai dieses Jahres auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Experimentelle Klimaphysik am Physikalischen Institut der Universität Bern berufen und zu dessen Mitdirektor ernannt.

05.08.2008