Inselspital: Lungenschäden durch Cannabis
Langjähriger Cannabis-Konsum kann die Lunge schwer schädigen. Dies das Fazit einer Studie des Inselspitals (Universitätsspital Bern).
Unter den Patienten, die in den letzten Jahren am Inselspital wegen Lungenkollaps (symptomatischer spontaner Pneumothorax, SSP) und Lungenemphysem operiert werden mussten, befanden sich etliche junge Menschen mit fortgeschrittener Zerstörung des Lungengewebes. Die Lunge bildet zuerst grosse Blasen, danach platzt eine dieser Blasen und die Lunge kollabiert, weil sie wegen der ausgetretenen Luft nicht mehr genug Platz zum Atmen hat. Dieses bullöse Lungenemphysem kam in dieser ausgeprägten Form früher bei jungen Patienten nicht vor.
Prof. Ralph Schmid, Chefarzt und Direktor der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie am Inselspital Bern, ging mit seinem Team während zweieinhalb Jahren diesem Phänomen nach. Seine Studie wird in diesen Tagen im «European Journal of Cardiothoracic Surgery» (Europäische Zeitschrift für Herz- und Thoraxchirurgie) veröffentlicht.
102 Patienten untersucht
Die gleichen Untersuchungen wurden an einer Kontrollgruppe von 85 Nicht-Cannabiskonsumenten (Durchschnittsalter 24 Jahre) durchgeführt. Die Resultate wurden danach mit jenen einer früheren Untersuchung an 75 SSP-Patienten verglichen.
17 der jungen SSP-Patienten – 16 Männer und eine Frau, Durchschnittsalter 27, alles Cannabis-Konsumenten – wurden im Rahmen der Berner Studie systematisch untersucht. Die Forscher sprachen mit den Patienten, durchleuchteten den Brustkorb mit Röntgen und Computertomographie, studierten die Krankengeschichte, prüften die Lungenfunktion und untersuchten Gewebeproben der Lunge im Labor.
Regelmässiger Cannabis-Konsum
Die 17 Untersuchten hatten im Schnitt während 8,8 Jahren täglich 6 Joints und während durchschnittlich 11,8 Jahren täglich Zigaretten geraucht. Welche der inhalierten schädigenden Substanzen im Rauch für den ausgeprägten Lungenschaden verantwortlich ist, ist bisher unklar. Nachgewiesen wurden von den Wissenschaftern Cannabis-Fasern, die aus den ungefilterten Joints direkt in die Lunge gelangen und dort als Entzündungsherde wirken. In der Kontrollgruppe mit Patienten im gleichen Alter trat kein Lungenemphysem auf, obschon sich in dieser Gruppe 74 regelmässige Tabak-Raucher befanden.
Operation verbessert die Lungenfunktion
Die zum Teil sehr grossen Blasen in der Emphysem-Lunge der 17 Cannabis-Raucher wurden durch die minimalinvasive «Schlüsselloch-Technik» operiert: Die das besser erhaltene Lungengewebe verdrängenden Blasen werden entfernt, so dass die Restlunge im Brustkorb wieder mehr Platz zum Atmen hat. Im Extremfall genügt aber diese Operation nicht mehr für die Aufrechterhaltung der Atemfähigkeit. Es stellt sich die Frage, ob einige dieser Patienten in Zukunft Kandidaten für eine Lungen-Transplantation sein werden.
Prof. Schmids Fazit: «Die Dosis macht das Gift: Wer jahrelang regelmässig, insbesondere täglich, Cannabis konsumiert, muss mit schweren Lungenschädigungen und Atembehinderungen rechnen.» Angesichts der Verbreitung des Cannabis-Konsums warnt der Berner Thoraxchirurg auch vor den gesundheits-politischen bzw. finanziellen Folgen.
11.11.2007