Erfolgreicher Start der Vetsuisse-Fakultät
Das bislang grösste Kooperationsprojekt der Schweizer Hochschullandschaft kommt plangemäss zum Abschluss: Ab dem 1. September 2006 wird die Veterinärmedizin von Bern und Zürich komplementär an zwei Standorten unter einer Fakultät geführt.
Vetsuisse, die Veterinärmedizinische Fakultät der Schweiz, wird von den zwei Universitäten Bern und Zürich finanziert und geführt. 46 Professorinnen und Professoren sowie rund 720 Studierende und rund 900 Mitarbeitende sind nun unter einem Dach vereint. Das Gesamtbudget der beiden Standorte beträgt für Bern ca. 32 Millionen CHF, für Zürich ca. 56 Millionen Franken. Der Start dieser für die Schweiz einmaligen Kooperation wurde am 31. August an einer Medienkonferenz bekannt gegeben.
Kooperation als Zukunftsmodell
Ein Projekt von diesen Dimensionen musste während Jahren intensiv vorbereitet werden. Der Rektor der Universität Zürich und Präsident des Vetsuisse-Rates, Prof. Hans Weder, strich denn auch die ausserordentliche Flexibilität und Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten heraus und bedankte sich bei den Behörden, der Berner Universitätsleitung und den Mitarbeitenden. Kooperation, so Weder, sei kein Selbstzweck; sie habe nur dann Sinn, wenn grössere Leistungen mit weniger Ressourcen erbracht werden könnten. Prof. Urs Würgler, Rektor der Universität Bern, beschrieb ein Forschungsprojekt als Beispiel dafür, wie vernetzt die Forschung in der Vetsuisse-Fakultät bereits betrieben wird und zusätzliche kompetitive Drittmittel eintreibt. Ziel sei es, so Würgler, die internationale Kompetitivität in der Veterinärmedizin nachhaltig zu verbessern: «Die Vetsuisse-Fakultät soll nicht einfach eine gut funktionierende Fakultät sein, sondern eine der besten». Das Vetsuisse-Modell eigne sich auch durchaus als Zukunftsmodell und Denkanstoss für die konkrete Weiterentwicklung der Hochschullandschaft Schweiz.
Bolognakonform und technisch auf dem neuesten Stand
Einen Überblick über die Ausgangslage und die Zielsetzung der Vetsuisse-Fakultät bot Prof. Wolfgang Langhans, Vetsuisse-Projektleiter und Dekan der Vetsuisse-Fakultät. Demzufolge dient die Zusammenführung der beiden Veterinärmedizinischen Fakultäten der Sicherung der Qualität von Forschung, Lehre und Dienstleistung sowie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Das Vetsuisse-Curriculum entspricht dem Bologna-Modell. Alle Studierenden erhalten ein einheitliches Abschlussdiplom, können aber zwischen sechs Vertiefungsbereichen wählen (Kleintiere, Nutztiere, Pferde, Paraklinische Diagnostik, Veterinary Public Health, Biomedizinische Forschung). Ein wichtiges Hilfsmittel für die Lehre, so Langhans, sei das Teleteaching und E-Learning. Wegen der räumlichen Trennung seien Teleteaching (die synchrone Übertragung von Lehrveranstaltungen in Ton und Bild) und E-Learning (zeit- und ortsunabhängiges Lernen mittels multimedial bereitgestellten Inhalten) fester Bestandteil des Vetsuisse-Konzepts.
Gemeinsame Forschung bereits erfolgreich
Prof. Claudia Reusch von der Zürcher Klinik für Kleintiermedizin informierte über ein Projekt, das den Diabetes mellitus bei Katzen erforscht. Die Situation bei Katzen ist vergleichbar mit derjenigen beim Menschen. Etwa 90 Prozent der Diabetiker sind an einem Typ 2 Diabetes mellitus erkrankt, für dessen Entstehung die sogenannte westliche Lebensweise (Fehlernährung und Bewegungsmangel) massgeblich verantwortlich ist. Der Typ 2 Diabetes mellitus stellt mit 80-90 Prozent auch bei den Katzen den mit Abstand häufigsten Diabetestyp dar. Die Krankheitsursachen sind – wie beim Menschen – Insulinresistenz der insulinsensitiven Gewebe und beeinträchtigte Insulinsekretion aus den Beta-Zellen des Pankreas. «Eine kürzlich von uns durchgeführte Studie weist darauf hin, dass die Art der Diät entscheidend ist», erklärte Prof. Reusch. «Wir konnten zeigen, dass eine Diät mit niedrigem Kohlenhydratanteil wirksamer ist.» Eine neue Forschungskooperation, die aufgrund des Zusammenschlusses der Vetsuisse-Fakultät möglich wurde, wird nun weitere Untersuchungen durchführen.
Prof. Ernst Peterhans vom Berner Institut für Virologie zeigte anhand des Projektes «Bovine Virusdiarrhö» auf, wie Grundlagenforschung zur Ausrottung einer Tierseuche führt. Das Virus dieser weltweit verbreiteten Krankheit unterscheidet sich grundsätzlich von allen anderen vergleichbaren Erregern, auch vom HI-Virus beim Menschen: Er wird vom Immunsystem toleriert und generiert keinerlei Immunreaktion. Möglich ist diese Immuntoleranz durch eine frühe Ansteckung des Foetus, wenn dessen Immunsystem noch unreif und nicht in der Lage ist, das Virus als etwas Fremdes zu erkennen. In der Folge haben die Forscher ein Testverfahren entwickelt, um die Viren zu erkennen und auszurotten. Im Herbst 2007 kann die landesweite Bekämpfung der BVD mittels eines kommerziellen Test-Kits voraussichtlich beginnen. Möglich waren die wichtigen Erkenntnisse zu dieser Tierseuche nur dank der Zusammenarbeit mit den Zürcher Kolleginnen und Kollegen sowie der Unterstützung der Vetsuisse-Fakultät, des BVET sowie des Nationalfonds.
31.08.2006