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Wir sind alle Ost-Afrikaner

Der geographische Ursprung des modernen Menschen liegt in Ostafrika und nicht, wie bisher angenommen, im Afrika südlich der Sahara: zu diesem Schluss kommen Berner Forscher, die mittels Computersimulationen die Entwicklung der Menschheit und die heutige Verteilung ihrer Gene analysiert haben.    

Eine Forschungsgruppe um Prof. Laurent Excoffier und Dr. Nicolas Ray, Populationsgenetiker am Zoologischen Institut der Universität Bern, haben anhand von grossangelegten Computersimulationen die Ausbreitung des modernen Menschen über die Erde von verschiedenen potenziellen Ursprungsorten aus nachgestellt. Je nach Ursprungsort und natürlichen Hindernissen wie Küstenlinien oder Wüsten ergab sich in den Modellen eine unterschiedliche Ausbreitung und genetische Vielfalt. Aus einem Ursprungsort in Ostafrika ergab sich nach diesen Berechnungen eine genetische Vielfalt, die derjenigen des heutigen Menschen am ähnlichsten ist. Dies spricht dafür, die Wiege der Menschheit in Ostafrika anzusiedeln.

Bislang wurde der Ursprung des modernen Menschen von vielen Forschern auf Grund von genetischen, anthropologischen und archäologischen Daten im Afrika südlich der Sahara vermutet. Diese These wurde jedoch noch nie einer Prüfung gegenüber alternativen Modellen unterzogen, etwa einem Szenario mit multiplen Ursprungsorten in Asien, Afrika und Europa. Aus diesem Grund haben die Berner Forscher ein realistisches und komplexes geographisches Modell der Welt vor 120'000 Jahren entwickelt. Darauf verteilten sie nach Zufall mögliche Ursprungsorte der Menschheit und liessen das Modell «besiedeln». Dabei wurden neben geographischen auch bekannte ökologische Faktoren berücksichtigt, wie damalige Landbrücken, Wüsten oder Wälder. So gingen die Forscher etwa davon aus, dass dichte Wälder nur schwer zu durchdringen waren oder dass sich in Wüsten weniger Menschen niederliessen als in Steppen. Über viele «Generationen» hinweg ergab sich so je nach Ursprungsort eine unterschiedliche Ausbreitung und genetische Vielfalt.

Diese simulierte genetische Vielfalt von 25 einzelnen Ursprungsorten sowie von 9 multiregionalen Szenarien (gleichzeitiger Ursprung in Europa, Asien und Afrika) wurde dann verglichen mit einer genetischen Datenbank. Diese besteht aus einer Sammlung von genetischen Daten zu weltweit 22 heutigen Populationen. So war es den Forschern möglich, denjenigen Ursprungsort zu bestimmen, der den Mustern genetischer Vielfalt in der heutigen Menschheit am nächsten kam. Die Ergebnisse sprachen deutlich für einen Ursprung in Ostafrika, wofür auch Fossilienfunde aus dieser Gegend sprechen.

Die Berner Forschungsgruppe wollte mit dem Projekt einerseits «unsere Neugierde darüber stillen, woher wir kommen». Die Rekonstruktion der genetischen Geschichte unserer eigenen Spezies sei aber auch wichtig, um etwa die Entwicklung komplexer Krankheiten im Zusammenhang mit bestimmten Genen oder in verschiedenen Regionen der Welt besser verstehen zu lernen.

26.08.2005