Warum der Mars rot sein könnte
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bern und der Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island hat möglicherweise das Geheimnis der rötlichen Farbe des Mars gelüftet. Das Team identifizierte das wasserreiche Eisenmineral Ferrihydrit als Hauptursache des charakteristischen, rötlichen Marsstaubs. Diese Entdeckung könnte nicht nur die Farbe des Planeten erklären, sondern auch auf eine feuchtere, potenziell bewohnbare Vergangenheit des Mars hinweisen.
Der Mars fasziniert seit Jahrhunderten nicht nur die Wissenschaft und sondern auch die breite Öffentlichkeit. Einer der Hauptgründe dafür ist seine rötliche Färbung, die ihm auch die Bezeichnung «Roter Planet» eingebracht hat. Aber was genau verleiht dem Mars seine ikonische Farbe? Diese Frage stellen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenso lange, wie sie den Planeten erforschen. Eine soeben erschienene Studie liefert nun eine mögliche konkrete Antwort, die mit der wasserreichen Vergangenheit des Mars zusammenhängt.
Die neue Studie, die soeben in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen ist, stellt die bisherige Annahme in Frage, dass Hämatit, ein trockenes, rostähnliches Mineral, für die Farbe des Mars verantwortlich ist. Stattdessen identifizierte das Team unter der Leitung von Erstautor Dr. Adomas Valantinas das wasserreiche Eisenmineral Ferrihydrit als Hauptursache für die rötliche Färbung. Valantinas war bis Dezember 2022 Doktorand in der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie (WP) am Physikalischen Institut der Universität Bern und arbeitete dort bis April 2023 als Postdoc-Forscher. Derzeit ist er dank des Postdoc.mobility-Stipendiums des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) als Gastforscher an der Brown University (USA) und forscht im Labor des Planetenforschers Prof. Dr. Jack Mustard, der auch Mitautor der Studie ist. Valantinas begann die Arbeit an der aktuellen Studie als Doktorand an der Universität Bern. Ebenfalls an der Studie beteiligt sind Prof. Dr. Nicolas Thomas und PD Dr. Antoine Pommerol von der Universität Bern, beide von der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie (WP) am Physikalischen Institut.
Innovative Methoden und internationale Synergien
Erstautor Valantinas sagt: «Über die grundlegende Frage, warum der Mars rot ist, wird seit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Jahren nachgedacht.» Für die aktuelle Studie hat das Forschungsteam Beobachtungsdaten von Raumsonden und von Mars-Rovern mit neuartigen Labormethoden kombiniert. «Wir sind nicht die ersten, die Ferrihydrit als Grund für die rote Farbe des Mars in Betracht ziehen, aber es wurde noch nie so bewiesen, wie wir es jetzt getan haben, nämlich indem wir Beobachtungsdaten und neuartige Labormethoden zur Herstellung eines Marsstaub-Analogons im Labor verwendet haben.»
Das Team arbeitete mit Daten von mehreren Marssonden, darunter der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter und den Sonden Mars Express und ExoMars der Europäischen Weltraumorganisation ESA. An Bord der ExoMars-Sonde befindet sich das Color and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS), ein Kamerasystem, das von einem internationalen Team unter der Leitung von Nicolas Thomas entwickelt und gebaut wurde. «Die ersten Erkenntnisse haben wird dank CaSSIS gewonnen, und diese wiesen auf Ferrihydrit hin. Weitere Untersuchungen mit höher aufgelösten Daten bestätigten den ersten CaSSIS-Fund», erklärt Valantinas. Nicolas Thomas fügt hinzu: «CaSSIS beobachtet den Mars seit April 2018 und liefert hochauflösende Farbbilder der Marsoberfläche. Die Tatsache, dass CaSSIS-Bilder immer wieder für Studien verwendet werden, spricht für die beeindruckenden wissenschaftlichen Fähigkeiten des Berner Kamerasystems.»
Die Daten aus der Marsumlaufbahn wurden mit Messungen der Marsrover der NASA wie Pathfinder, Curiosity und Opportunity sowie mit Laboranalysen von synthetischen, marsähnlichen Materialien kombiniert. Antoine Pommerol erklärt: «Satellitendaten sind von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, neue Einblicke in die Oberfläche und die Geschichte des Mars zu gewinnen, aber für die Interpretation ist oft eine Bestätigung durch Daten von Bodenproben erforderlich. Diese können von Rovern und Landern vor Ort, von Marsmeteoriten oder von Untersuchungen von ähnlichen Materialien auf der Erde stammen. In diesem Fall stützt eine Kombination von Laboruntersuchungen verschiedener Teams, einschliesslich der einzigartigen Reflexionsmessungen des Eislabors in Bern, die Theorie, dass Ferrihydrit für die rötliche Farbe des Mars verantwortlich ist.»
Weitere Experimente und Messungen wurden an der Universität Grenoble, der Brown University und der University of Winnipeg durchgeführt. Valantinas sagt: «Unsere Analysen zeigen insgesamt, dass Ferrihydrit im Marsstaub und wahrscheinlich auch in den Gesteinsschichten weit verbreitet ist.»
Warten auf Proben vom Mars
Die Entdeckung von Ferrihydrit als Hauptbestandteil des Marsstaubs hat weitreichende Auswirkungen für das Verständnis der Marsgeschichte und die Frage, ob es jemals Leben auf dem Mars gab. Im Gegensatz zu Hämatit, das sich unter warmen oder trockenen Bedingungen bildet, entsteht Ferrihydrit in der Gegenwart von kühlem Wasser. «Dies deutet darauf hin, dass der Mars einst eine Umgebung hatte, in der flüssiges Wasser vorhanden war, was eine wesentliche Voraussetzung für Leben ist», sagt Valantinas. Er fährt fort: «Unsere Studie zeigt, dass für die Bildung von Ferrihydrit auf dem Mars sowohl Sauerstoff – sei es aus der Atmosphäre oder aus anderen Quellen – als auch Wasser, das mit Eisen reagieren kann, vorhanden sein mussten. Diese Bedingungen waren ganz anders als die trockene, kalte Umgebung des heutigen Mars.»
«Die Studie hat wirklich grosses Potential», sagte Co-Autor Jack Mustard. «So aufregend die neuen Erkenntnisse auch sind, wir sind uns bewusst, dass unsere Ergebnisse erst durch Proben vom Mars, die derzeit vom Perseverance-Rover der NASA gesammelt werden, verifiziert werden können. Wenn wir diese zurückbekommen, werden wir definitiv überprüfen können, ob unsere Theorie bezüglich des Ferrihydrit stimmt», so Mustard abschliessend.
Publikationsangaben:Detection of ferrihydrite in Martian red dust records ancient cold and wet conditions on Mars. By: A. Valantinas, J.F. Mustard, V. Chevrier, N. Mangold, J. L. Bishop, A. Pommerol, P. Beck, O. Poch, D.M. Applin, E.A. Cloutis, T. Hiroi, K. Robertson, S. Pérez-López, R. Ottersberg, G. Villanueva, A. Stcherbinine, M.R. Patel and N. Thomas. In: Nature Communications, 25.02.2025. |
Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der WeltspitzeAls am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solar Wind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht. Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet. |
25.02.2025