Sinergia-Beiträge für sechs interdisziplinäre Berner Projekte
Zehn Forscher der Universität Bern erhalten für ihre sechs Forschungsprojekte Sinergia-Beiträge des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Während vier Jahren werden die Projekte vom SNF mit Geldern in der Höhe von insgesamt rund 6.7 Millionen Franken unterstützt.
Das Sinergia-Programm des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) fördert gemeinsame Projekte von zwei bis vier Forschungsgruppen, die interdisziplinär und mit Aussicht auf bahnbrechende Erkenntnisse forschen. Wie der Name bereits sagt, sollen Synergien zwischen verschiedenen Forschungsbereichen nutzbar gemacht werden: das Fachwissen und die Kenntnisse der Antragstellenden sollen sich gegenseitig ergänzen. Ihre Projekte sollen sich wichtigen Herausforderungen der Wissenschaft stellen und einen neuartigen Ansatz verfolgen, indem sie bestehende Modelle, Lehrmeinungen oder Methoden in Frage stellen oder über sie hinausgehen. Die Projekte erschliessen neue Forschungsrichtungen und haben ein hohes Wirkungspotenzial im akademischen Bereich oder darüber hinaus.
Bei der aktuellen Ausschreibung des SNF wurden in einem kompetitiven Verfahren 113 Projekte evaluiert und 26 ausgewählt. Davon werden sechs Projekte von zehn Forschern der Universität Bern teilweise in Ko-Leitung verantwortet. Das Budget pro Projekt beträgt rund 1 Million Franken. Hugues Abriel, Vizerektor Forschung und Innovation der Universität Bern, freut sich über den Erfolg: «Die interdisziplinär ausgerichtete Forschung der Universität Bern zeigt, dass sie hochaktuell und bestens vernetzt ist. Zudem zeichnen sich die sechs Sinergia-Projekte der Berner Forscher vor allem durch ihr Potenzial aus, einen grossen Nutzen für die Gesellschaft zu generieren.»
Detailbeschreibungen der Projekte sowie Kurzbiografien:
The Food-Medicine Continuum in Vervet Monkeys: Investigations on the Interplay between Diet Quality, Stress Coping, and the Endocannabinoid SystemProjektverantwortliche:
ProjektbeschriebDie Zoopharmakognosie untersucht, ob Tiere über eine angeborene Fähigkeit verfügen, nützliche Pflanzenstoffe zu erkennen und zu nutzen. Ziel des Projekts ist es, zu verstehen, wie sich veränderte Ernährungsmuster auf die Darm-Hirn-Achse bei Grünmeerkatzen auswirken und wie dies mit ihren Fähigkeiten zur Stressbewältigung und ihrem Lernverhalten zusammenhängt. Die vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass sekundäre pflanzliche Stoffwechselprodukte, die von den Meerkatzen aufgenommen werden, deren Fitness verbessern können, indem sie das Endocannabinoid-System (ECS) modulieren. Das ECS ist ein evolutionär konserviertes Lipidnetzwerk bei Säugetieren, das die synaptische Übertragung, Entzündungen, den Stoffwechsel und die Nahrungsaufnahme sowie das Stressverhalten, das Lernen und das Gedächtnis reguliert. Die Forschenden gehen davon aus, dass die untersuchten Verbindungen zwischen Nahrung und allgemeinem Wohlbefinden zu Fortschritten in der menschlichen Ernährungspraxis und der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln führen können. Über Jürg GertschJürg Gertsch ist Professor für Biochemie und Pharmazeutische Biologie. Derzeit ist er stellvertretender geschäftsführender Direktor und einer der Co-Direktoren des Instituts für Biochemie und Molekulare Medizin (IBMM). Seine Forschungsgruppe konzentriert sich auf die Erforschung des Endocannabinoid-Systems und der Cannabinoid-Pharmakologie, mit besonderem Schwerpunkt auf der Arzneimittelforschung. Er betreibt interdisziplinäre Forschung, die biochemische Pharmakologie und biomedizinische Analytik umfasst. Er ist Mitbegründer von Synendos Therapeutics, ein Spin-off seines Labors, das sich der Entwicklung innovativer neuropharmakologischer Wirkstoffe widmet. In Anerkennung seiner herausragenden Beiträge zur Pharmakologie pflanzlicher Naturstoffe wurde Professor Gertsch mit mehreren Auszeichnungen geehrt, darunter der A. Vogel Award (2003), der Dr. Willmar Schwabe Award (2010) und der Sebastian-Kneipp-Preis (2014). Kontakt:Prof. Dr. Jürg Gertsch, Institut für Biochemie und Molekulare Medizin (IBMM), Universität Bern |
Designing Inhibitors Against Clostridial Pore-Forming ToxinsProjektverantwortliche:
Projektbeschrieb:Das Projekt betreibt Grundlagenforschung, um Poren bildende Toxine zu bekämpfen. Diese Gifte haben die Fähigkeit, Poren in der Zellmembran zu bilden, was zum Zelltod führt. Sie werden meistens von pathogenen Bakterien hergestellt, wie etwa Clostridium perfringens, und dienen der Erhöhung des Nahrungsangebots für diese Bakterien. Ein Team aus Veterinärpathologen, computergestützten Chemikern und Strukturbiologen entwickelt Peptid-Inhibitoren gegen diese Toxine. Mit fortschrittlichen Computermodellen und fundiertem Wissen über Toxinstrukturen zielt das Projekt darauf ab, Grundlagen für neue therapeutische Strategien zu legen, um effektive Lösungen gegen Virulenzfaktoren und innovative Behandlungsmethoden für bakterielle Infektionen zu finden. Über Benoît ZuberBenoît Zuber ist ausserordentlicher Professor und Co-Direktor des Instituts für Anatomie an der Universität Bern, sowie Leiter der Abteilung für mikroskopische Anatomie und Strukturbiologie. Er promovierte in Strukturbiologie an der Universität Lausanne und absolvierte einen Postdoc-Aufenthalt in Cambridge. Sein Fachgebiet ist die strukturelle Zellbiologie mit einem besonderen Fokus auf kryo-elektronenmikroskopischen Techniken. Zuber ist zudem wissenschaftlicher Leiter der Berner Zweigstelle des Dubochet Center for Imaging und engagiert sich in der Lehre im Bereich Histologie. Über Horst PosthausHorst Posthaus ist ausserordentlicher Professor für Veterinärpathologie und Leiter des Pathologie-Ausbildungsprogramms und der Sektionsabteilung des Instituts für Tierpathologie der Universität Bern. Hier hat er die Forschungsgruppe «Host-Pathogen Interaction» aufgebaut. In seiner Forschung befasst sich Horst Posthaus mit der Interaktion von porenbildenden Bakterientoxinen mit Zielzellen im tierischen und menschlichen Körper. Über Jean-Louis ReymondJean-Louis Reymond ist Professor für Chemie am Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie der Universität Bern. Er entwickelt neue Wirkstoffe durch die Kombination von Chemoinformatik und künstlicher Intelligenz mit organischer Synthese und biologischen Assays. Anwendungen liegen im Bereich niedermolekularer Inhibitoren von Membran-Transportern und Ionenkanälen sowie antimikrobieller Peptide gegen Multiresistente Bakterien (ERC Advanced Grant SPACE4AMPS) und Transfektionsreagenzien. Kontakt:Prof. Dr. Benoît Zuber, Institut für Anatomie, Universität Bern Prof. Dr. Horst Posthaus, Institut für Tierpathologie, Universität Bern Prof. Dr. Jean-Louis Reymond, Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie, Universität Bern |
Hydrography of Mesopotamia. Rivers and Channels in Babylonia from the 4th to the 1st Millennium BCEProjektverantwortliche:
Projektbeschrieb:Seinen Reichtum verdankte Mesopotamien seinen fruchtbaren Böden, die nur mit Hilfe einer komplexen Bewässerungswirtschaft genutzt werden konnten. Daher spielten Flüsse und Kanäle, deren Verläufe sich über die Jahrtausende mehrfach signifikant veränderten, eine entscheidende Rolle. Über Mirko NovákMirko Novák ist seit 2011 Professor für Vorderasiatische Archäologie am Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern. Er leitet Ausgrabungen in Sirkeli Höyük (Türkei) und ist Co-Direktor der Ausgrabungen in Umma (Irak) und Togolok (Turkmenistan). In der Vergangenheit führte er Arbeiten in Syrien durch, zuletzt in Tall Halaf. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Fragen der Chronologie, der Urbanistik und Architekturentwicklung, nach Modi des Kulturaustausches sowie nach Zusammenhängen von Migration und Ethnogenese. Über Andreas ZischgAndreas Zischg ist Professor für die Modellierung von Mensch-Umwelt-Systemen am Institut für Geographie und Ko-Leiter des MobiliarLab für Naturrisiken am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern. In seiner Forschung befasst sich Andreas Zischg mit Hochwasserrisiken, Klimaauswirkungen und dem Geographischen Informationssystem GIS. Kontakt:Prof. Dr. Mirko Novák, Institut für Archäologische Wissenschaften, Universität Bern Prof. Dr. Andreas Zischg, Institut für Geographie und MobiliarLab für Naturrisiken, Oeschger-Zentrum für Klimaforschung, Universität Bern |
Intelligent 4D ultra-high-sensitive PET Imaging for early detection of pancreatic ductal adenocarcinomaProjektverantwortliche:
Projektbeschrieb:Das Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung von Früherkennungsmethoden mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie beim Pankreaskarzinom. Hierzu sollen entsprechende Radiotracer zum Einsatz kommen, welche spezifische Charakteristika von Tumorzellen zum Ziel haben. Kombiniert mit einem der weltweit ersten hochsensitiven Ganzkörper-PET/CT Scannern sowie auch präklinischer Entwicklung samt Simulationsanalysen und Tiermodellen soll letztlich der Bogen mit Hilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz zum Menschen geschlossen werden. Die im Rahmen des Projektes entwickelten Früherkennungsmethoden können letztlich bei vielen Tumorentitäten Anwendung finden und den Einsatz der Positronen-Emissions-Tomographie auch für Screenings von Risikogruppen ermöglichen. Über Axel RomingerAxel Rominger ist Professor für Nuklearmedizin und Klinikdirektor der Universitätsklinik für Nuklearmedizin am Inselspital Bern. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten zählt die Positronen-Emissions-Tomographie und deren konstanter methodischer Weiterentwicklung. Dies erfolgt mit interdisziplinären Teams, welche in der Nuklearmedizin verankert sind, so wie die Radiopharmazie zur Tracerentwicklung, die biotechnologische Entwicklung sowie Methodengruppe der Künstlichen Intelligenz. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit Forschergruppen in den USA sowie China und Südkorea. Über Kuangyu ShiKuangyu Shi ist leitender Medizinphysiker und Leiter des Lab for Artificial Intelligence & Translational Theranostics (AITT) an der Universitätsklinik für Nuklearmedizin des Inselspitals Bern. Seine Forschung befasst sich mit der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz und computergestützten Simulationstechniken für Bildgebung und Therapie in der Nuklearmedizin mit dem Ziel, die Ergebnisse mit zugrunde liegenden pathologischen Prozessen zu verknüpfen. Darüber hinaus widmet er sich der Entwicklung von experimentellen «In-vivo-» und «Ex-vivo-Methoden», um die Grenzen der mikroskopischen nuklearen Bildgebung zu erweitern. Kontakt:Prof. Dr. ing. Kuangyu Shi, Universitätsklinik für Nuklearmedizin, Inselspital, Universitätsspital Bern Prof. Dr. Axel Rominger, Universitätsklinik für Nuklearmedizin, Inselspital, Universitätsspital Bern |
Understanding the role of immuno-metabolic imprinting for sustainable weight lossProjektverantwortliche:
ProjektbeschriebÜbergewicht und Adipositas sind wichtige Risikofaktoren für eine Reihe von chronischen Krankheiten, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2. Obwohl es mehrere Behandlungsmöglichkeiten gibt, ist der langfristige Erfolg nicht zufriedenstellend, da es bei Personen, die versuchen, durch Lebensstil- oder Pharmakotherapie abzunehmen, sehr häufig zu einer erneuten Gewichtszunahme kommt. Die Ergebnisse dieses Projekts werden eine klare mechanistische Erklärung für eines der grössten Rätsel bei der klinischen Behandlung von Fettleibigkeit liefern, nämlich das Wiederauftreten von Gewicht nach erfolgreicher Gewichtsabnahme – ein Phänomen, das allgemein als «Jo-Jo-Effekt» bekannt ist. Das Projekt zielt darauf ab, zu verstehen, wie ein ungünstiges Zusammenspiel zwischen Darmflora, dem Immunsystem und dem endokrinen System lang anhaltende Auswirkungen auf die Gewichtsabnahme nach einer Adipositas hat. Dafür werden multidisziplinäre Ansätze verfolgt und Synergien in der Expertise in Immunologie, Endokrinologie, Mikrobiom und Stoffwechsel genutzt. Über Ziad Al NabhaniZiad Al Nabhani ist seit 2021 Assistenzprofessor in der Universitätsklinik für Kontakt:Prof. Dr. Ziad Al Nabhani, Department for BioMedical Research (DBMR), Universität Bern |
Holocene hydroclimate, drought dynamics and environmental change recorded in multiple archives from SW Asia (MITRA)Projektverantwortliche:
Projektbeschrieb:Das Sinergiaprojekt MITRA ist ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung des Wasserkreislaufs in der Region des Zweistromlands (Euphrat und Tigris) über die vergangenen 4 Jahrtausenden. Die Region gilt als Schlüsselregion der Menschheitsentwicklung und ist mit dem Aufstieg der Landwirtschaft, der Entstehung fortgeschrittener komplexer Gesellschaften und der Entwicklung der ersten Städte, Staaten und Reiche verbunden. Das Projekt untersucht die vergangenen klimatischen Bedingungen, insbesondere den Wasserkreislauf. Dabei kommen sowohl Proxyarchive wie auch Klimamodelle zum Einsatz. In Zusammenarbeit mit der Universität Basel und der Institut Méditerranéen de Biodiversité et d’Écologie Marine et Continentale (IMBE), Universtät Aix-Marseille, werden extreme Klimaschwankungen in den letzten 4000 Jahren untersucht. Fragen wie zum Beispiel wie lange waren Dürrephasen und welche Prozesse haben dies in der Region verursacht sollen beantwortet werden. Das Ziel des Projekts ist es eine Verständnisgrundlage zu generieren, die es anderen Disziplinen, wie der Archäologie, ermöglichen, Klimaauswirkungen auf frühe komplexe Gesellschaften zu untersuchen. Über Christoph RaibleChristoph Raible ist assoziierter Professor für Atmosphärendynamik an der Universität Bern und befasst sich mit Klimaschwankungen in der Vergangenheit und der Zukunft. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der numerischen Simulation der Klimaschwankungen mit Hilfe von globalen und regionalen Erdsystemmodellen. Die Klimamodellierung ergibt Einblick in die Prozesse, die zu Klimaschwankungen und Extremen, wie Stürme oder Dürren führen können. Mit dieses Prozessverständnis dient als Grundlage für zuverlässigere Abschätzungen der zukünftigen Veränderungen des Klimasystems. Kontakt:Prof. Christoph Raible, Abteilung Klima und Umweltphysik (KUP), Physikalisches Institut, und Oeschger-Zentrum für Klimaforschung, Universität Bern |
01.03.2024