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Pfizer-Forschungspreis 2008: Drei Berner geehrt

Mit einer Preissumme von 360'000 Schweizer Franken ist der Pfizer Forschungs-Preis einer der bedeutendsten Forschungspreise für Medizin in der Schweiz. Er wurde heute bereits zum 17. Mal an führende Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben. Geehrt wurden auch drei Berner Forscher.

Der Pfizer Forschungs-Preis für Medizin wird alljährlich verliehen. Er geht an herausragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an Schweizer Forschungsinstituten oder Spitälern hervorragende und zukunftsweisende Beiträge im Bereich Grundlagenforschung oder klinische Forschung erbracht haben. Die Preissumme verteilt sich auf insgesamt sechs Bereiche.

Im Bereich «Grundlagenforschung Neurowissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems» geht der Preis an die Berner Neurophysiologen Prof. Dr. Matthew Larkum und Dr. Thomas Nevian. Matthew Larkum erhielt für seine Forschung zur Signalverarbeitung in den Nervenzellen des Gehirns bereits im Jahr 2006 den Theodor-Kocher-Preis der Universität Bern als bester Nachwuchswissenschaftler. Mit dem Pfizer-Forschungs-Preis im Bereich «Urologie und Nephrologie» wird der Urologe Dr. Cyrill A. Rentsch ausgezeichnet.


Neue Erkenntnisse zur Informationsverarbeitung im Gehirn

Die Auszeichnung erhalten Larkum und Nevian für die Entwicklung einer neuen Methode zur Erforschung von Dendriten. Dendriten sind nur wenige Mikrometer dünne Verästelungen in der Hirnrinde, die vom Zellköper ausgehend ein komplexes Netzwerk bilden – ähnlich einem Kabelnetz zwischen den Zellen. Die Aufgabe der Dendriten ist es, Signale von anderen Nervenzellen zu empfangen und die daraus resultierenden elektrischen Signale an den Zellkörper weiterzuleiten. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Informationsverarbeitung im Gehirn. In ihren Experimenten untersuchten Larkum und Nevian die Funktionsweise der sehr feinen basalen Dendriten. Diese konnten bis anhin nicht mit elektrischen Aufzeichnungsmethoden untersucht werden, da sie wegen ihrer geringen Grösse in einem herkömmlichen Mikroskop unsichtbar sind.ihrer geringen Grösse in einem herkömmlichen Mikroskop unsichtbar sind.

Den Forschern gelang es, ein neues bildgebenden Verfahren zur Sichtbarmachung dieser kleinsten, aber zahlenmässig wichtigsten Strukturen zu entwickeln. Dieses Verfahren machte es möglich, an diesen Dendriten feinste Pipetten anzubringen und auf diese Weise deren «Rechenfunktion» aufzuklären. Dabei zeigte sich: Die basalen Dendriten sind unglaublich aktive Komponenten, die eine ganze Vielfalt von nicht-linearen elektrischen Ereignissen erzeugen. Somit sind die feinen Dendriten nicht einfach nur passive Empfänger und «Kabel» für die Leitungen von Informationen von mit ihnen verbundenen Nervenzellen, sondern komplexe Einheiten, die ihrerseits komplizierte Berechnungen durchführen können. Das potenziert die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn. Diese Erkenntnis stellt die herkömmliche Vorstellung, wie Nervenzellen Eingaben in Ausgaben umwandeln, auf den Kopf und bedeutet, dass die wichtigsten Nervenzellen des Gehirns zu einer weit grösseren Rechenkomplexität fähig sind als bisher angenommen wurde.

In der Laudatio der Jury heisst es, dass aufgrund dieser Erkenntnisse «die physiologischen Lehrbücher umgeschrieben werden müssen.»

Matthew Larkum (41) wuchs in Australien auf und dissertierte 1996 am Berner Institut für Physiologie. Nach einer mehrjährigen Forschungstätigkeit am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg erhielt er 2004 vom Schweizerischen Nationalfonds eine Förderungsprofes-sur am Institut für Physiologie in Bern. 2006 wurde ihm von der Universität Bern der Theodor-Kocher-Preis verliehen. Thomas Nevian (36) promovierte am Max-Planck-Instiut für Medizinische Forschung, zur selben Zeit, als auch Matthew Larkum dort tätig war. 2005 wechselte er als Assistent an das Berner Institut für Physiologie, wo er seit 2007 als Oberassistent arbeitet.


Neuer therapeutischer Ansatz bei Prostatakrebs

Cyrill A. Rentsch erhält den Forschungspreis für seine Forschung zu überschiessendem Knochenwachstum bei Prostatakrebs. Der Prostatakrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Männern in der Schweiz. Trotz intensivierter Suche und Behandlung der Erkrankung sterben jedes Jahr unverändert 1’500 Männer daran. Die grosse Mehrheit dieser Männer erleidet im Verlauf einen Befall ihrer Knochen durch den Prostatakrebs. Dabei bewirkt dieser durch Wechselwirkungen Störungen im Knochenaufbau. Die Folgen sind Schmerzen und Knochenbrüche. Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen Krebs und Knochen ist daher für diese Patienten im Hinblick auf neue Therapieoptionen von grosser Wichtigkeit.

Der Knochenbefall beim Prostatakrebs unterscheidet sich gegenüber dem bei anderen Krebsformen: Wo es bei diesen zur Auflösung des Knochens kommt, entsteht beim Prostatakrebs überschiessendes, brüchiges Knochenwachstum. In einem Tiermodell konnte das Team um Rentsch zeigen, dass die überschiessende Knochenbildung auf einer fehlenden Produktion eines Hemmstoffes (Noggin) beruht, der in anderen Krebsformen zur Auflösung des Knochens beiträgt. Dieses Resultat revolutioniert die bisherige Meinung über die Entstehung der überschiessenden Knochenbildung durch Prostatakrebs und stellt einen neuen therapeutischen Ansatz in der Behandlung dieser fatalen Erkrankung dar.dung auf einer fehlenden Produktion eines Hemmstoffes (Noggin) beruht, der in anderen Krebsformen zur Auflösung des Knochens beiträgt. Dieses Resultat revolutioniert die bisherige Meinung über die Entstehung der überschiessenden Knochenbildung durch Prostatakrebs und stellt einen neuen therapeutischen Ansatz in der Behandlung dieser fatalen Erkrankung dar.

Gewürdigt wird diese Leistung von der Jury als «Beschreibung eines völlig neuen pathophysiologischen Mechanismus, welcher nicht nur unser Verständnis der Entwicklung von Knochenmetastasen bei Krebserkrankungen verbessert, sondern in Zukunft auch ein therapeutischer Angriffspunkt von Knochenmetastasen sein könnte.

Cyrill A. Rentsch (37) promovierte im Jahr 2000 an der Universität Bern und schloss 2006 mit einem MD-PhD-Programm eine biologisch-naturwissenschaftliche Zusatzausbildung ab. Seit 2007 ist er Stellvertretender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Urologie des Inselspitals Bern. Bei Posterpräsentationen wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von der Schweizerischen Gesellschaft für Urologie.

 

07.02.2008