Media Relations

2025

Warum die Ozeantemperatur sprunghaft angestiegen ist

Vor zwei Jahren sind die globalen Meeresoberflächentemperaturen sprunghaft angestiegen und haben bisherige Höchstwerte deutlich übertroffen. Eine Studie der Universität Bern zeigt, dass solche extremen Temperatursprünge ohne den Einfluss des Klimawandels kaum möglich wären. Sie bestätigt ausserdem, dass Klimamodelle solche Ereignisse realistisch abbilden.

Die globalen Meeresoberflächentemperaturen erreichten zwischen April 2023 und März 2024 neue Rekorde und übertrafen alle bisherigen Höchstwerte um 0,25 Grad Celsius – so deutlich wie nie zuvor. Zahlreiche Forschende waren überrascht von der Grösse des Temperatursprungs, da das El Niño Ereignis, das einen wärmenden Effekt hat, in diesen Jahren nicht überdurchschnittlich ausgeprägt war. Aufgrund dieser Entwicklung vermuteten Forschende, dass neben dem Klimawandel und El Niño noch andere Faktoren eine Rolle spielen könnten, oder dass der Klimawandel schneller und stärker voranschreitet als bisher angenommen.

Eine Studie unter der Leitung von Dr. Jens Terhaar von der Abteilung für Klima- und Umweltphysik des Physikalischen Instituts der Universität Bern zeigt nun, dass es sich bei dem starken Temperaturanstieg des Meerwassers der letzten zwei Jahre höchstwahrscheinlich um eine Hitzewelle handelt, die vollständig mit den bekannten globalen und menschengemachten Erwärmungstrends erklärbar ist und damit nicht zwingend weitere Einflussfaktoren zur Erklärung benötigt. Die Studie wurde heute im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Hitzewelle erst durch Erderwärmung ermöglicht

Die Forschenden haben für ihre Untersuchung eine Kombination aus Beobachtungsdaten, statistischen Modellen und Klimamodellsimulationen verwendet, um die Wahrscheinlichkeit solcher Temperaturanstiege zu berechnen. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass es sich bei dieser Hitzewelle sehr wahrscheinlich um ein Ereignis handelt, dass unter den aktuell herrschenden Klimabedingungen etwa alle 500 Jahre zu erwarten ist», erklärt Terhaar, der am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung die Weltmeere erforscht. «Zu diesen herrschenden Klimabedingungen trägt die menschgemachte Erderwärmung massgeblich bei – ohne diese Erwärmung wäre das Ereignis praktisch unmöglich».

Die Berner Forschenden zeigen zudem, dass Klimamodelle – die auf naturwissenschaftlichen Gesetzmässigkeiten basieren – die ozeanische Hitzewelle realistisch simulieren können. «Einige Forschende befürchteten, dass der extreme Temperatursprung ein Zeichen dafür ist, dass unser Verständnis des Klimasystems – und damit auch die Klimamodelle – unvollständig ist», erklärt Studienmitautor Thomas Frölicher, Professor und stellvertretender Leiter der Abteilung für Klima- und Umweltphysik des Physikalischen Instituts. Dies hätte bedeuten können, dass auch andere Simulationen – wie etwa der zukünftigen Erderwärmung und deren Folgen – unzuverlässig sein könnten. Doch die Forschenden konnten in den 35 untersuchten Klimamodellen ähnliche Sprünge in den Meeresoberflächentemperaturen finden. «Dass die Modelle den Temperatursprung richtig simulieren, stärkt unser Vertrauen in ihre Nutzung für vergangene und zukünftige Klimaprojektionen», sagt Frölicher.

Wie geht es nach dem rasanten Temperatursprung weiter?

Die Klimamodelle können nicht nur rasante Temperatursprünge wie jene in 2023/24 simulieren, sondern haben auch korrekt vorausgesagt, dass die Temperaturen im Sommer 2024 nicht mehr auf Rekordniveau liegen würden. Gemäss den Klimamodellen werden die Ozeantemperaturen in den kommenden Jahren nach diesem Extremereignis nicht schneller ansteigen, sondern genauso wie bereits vor diesem Ereignis angenommen wurde.

Die Modelle zeigen, dass ein solch rasanter Temperatursprung wie in 2023/24 nur dann auftritt, wenn gleichzeitig El Niño-Bedingungen vorliegen. Zur Erklärung des Temperatursprungs waren von Forschenden zuvor weitere Einflussfaktoren vorgeschlagen worden. Dazu zählt etwa eine verminderte Rückstrahlung der wärmenden Sonnenstrahlung durch einen Rückgang von Aerosolen aufgrund von weniger Schwefelgehalt in den Treibstoffen in der Schifffahrt. Weniger Aerosole können zudem zu einer geringeren Menge reflektierender Wolken führen, wodurch noch weniger Sonnenstrahlung reflektiert und zurückgestrahlt wird. «Wir können zwar nicht ausschliessen, dass diese Faktoren zum beobachteten Temperatursprung beigetragen haben. Allerdings zeigen Klimamodelle, dass der extreme Anstieg auch ohne sie möglich ist», erklärt Dr. Friedrich Burger, Studienmitautor und Forscher an der Abteilung für Klima- und Umweltphysik des Physikalischen Instituts.

Angaben zur Publikation:

Jens Terhaar, Friedrich A. Burger, Linus Vogt, Thomas L. Frölicher, Thomas F. Stocker (2025). Record sea surface temperature jump in 2023/24 unlikely but not unexpected, Nature, 12. März 2025.
URL: https://www.nature.com/articles/s41586-025-08674-z  
DOI: 10.1038/s41586-025-08674-z

Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR)

Das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) ist eines der strategischen Zentren der Universität Bern. Es bringt Forscherinnen und Forscher aus 14 Instituten und vier Fakultäten zusammen. Das OCCR forscht interdisziplinär an vorderster Front der Klimawissenschaften. Das Oeschger-Zentrum wurde 2007 gegründet und trägt den Namen von Hans Oeschger (1927-1998), einem Pionier der modernen Klimaforschung, der in Bern tätig war.
Weitere Informationen: www.oeschger.unibe.ch

12.03.2025