Media Relations

2025

Neues Buch zu Medizin, Kolonialismus und der Schweiz

Hubert Steinke und sein Team vom Institut für Medizingeschichte der Universität Bern legen mit dem Buch «Albert Schweitzers Lambarene. Ein globales Spital im kolonialen Afrika» erstmals eine kritische Untersuchung des 1913 gegründeten Spitals in Gabun, Zentralafrika, vor. An der Buchvernissage vom Freitag, 31. Januar 2025 präsentieren sie die Forschungsergebnisse und erzählen die Geschichte dieses Hilfsprojekts, das trotz humanitärem Anspruch kolonial geprägt war.

Albert Schweitzers Spital in Lambarene galt Generationen von Menschen in Europa und Amerika als Inbegriff humanitärer medizinischer Hilfe. Es wurde und wird noch immer wesentlich von Spenderinnen und Spendern aus der Schweiz finanziert. Mit der afrikanischen Unabhängigkeit wurde es zunehmend als Beispiel einer rückständigen, kolonial geprägten Medizin wahrgenommen. Das Buch liefert auf der Grundlage von reichhaltigem Archiv- und Bildmaterial erstmals eine kritische Geschichte des Spitals. Es ist das Resultat eines vom Schweizer Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekts am Institut für Medizinische Geschichte der Universität Bern.

«Das Buch beschreibt die wechselnden Ideen und Hoffnungen des Gründers und Friedensnobelpreisträgers Schweitzer und seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, das medizinische Angebot, den Alltag der Patientinnen und Patienten und die Organisation eines internationalen Netzwerks von Unterstützern in der Zeit von 1913-1965», erklärt Prof. Dr. Hubert Steinke vom Institut für Medizinische Geschichte der Universität Bern, Ko-Autor der Publikation. Als eine der wenigen privaten, unabhängigen Organisationen verfolgte das Spital im Gegensatz zu Regierungs- und Missionsspitälern keine politischen, wirtschaftlichen oder missionarischen Ziele. «Im Sinne des «Lambarene-Geists» versuchte man, eine einfache, aber wirkungsvolle und menschliche Medizin umzusetzen, die den Kranken viel Freiheiten liess. Das Ziel war es aber nicht nur, den Menschen in Afrika zu helfen, sondern auch den Geist der Menschlichkeit im Westen zu erneuern», so Steinke.

Sorgfältige historische Forschung nötig

An der Buchvernissage erläutert das Autorenteam die Notwendigkeit solider historischer Forschung, um einseitige Einschätzungen zu vermeiden. Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass im Spital in Lambarene ein guter medizinischer Service angeboten wurde. Gleichzeitig macht es auch deutlich, dass dies nur eine lokale Hilfe war, die keine Ausbildung von Personal und keine grundsätzliche Verbesserung des Gesundheitswesens zum Ziel hatte. Die Hilfsprojekt war verbunden mit dem Ziel einer «Zivilisierung» der afrikanischen Bevölkerung und damit Abbild von Schweitzers bekanntem Spruch vom Europäer als dem «grossen Bruder», der seinem «kleinen Bruder» in Afrika hilft. «Das Buch erzählt die Geschichte eines grossen Hilfsprojekts, das trotz seiner humanitären Ausstrahlung in koloniale Haltungen verstrickt blieb. In der aktuell aufgeheizten Diskussion um koloniale Verflechtungen zeigt es, dass wir uns weder mit Glorifizierungen noch mit vereinfachenden Verurteilungen zufriedengeben sollten», sagt Steinke abschliessend.

Die Autoren stehen am Anlass wie auch im Vorfeld für Interviews und Fragen zur Verfügung.

Anwesend ist auch Christoph Wyss, der Präsident der Internationalen Organisation für das Werk von Dr. Albert Schweitzer in Lambarene, welche heute noch das Spital unterstützt. Er kann über die heutigen Verhältnisse und Schwierigkeiten am Spital berichten.

Medienschaffende sind herzlich zur Buchvernissage eingeladen.

  Datum   Freitag, 31. Januar 2025 um 17.15 Uhr
  Ort

  Anatomie-Gebäude der Universität Bern, Bühlstrasse 26, 3012 Bern
  Auditorium Ewald  Weibel

  Sprache   Deutsch
  Eintritt und         Anmeldung

  Die Veranstaltung ist öffentlich und der Eintritt ist frei; keine Anmeldung nötig.

  Medienschaffende melden sich bitte via E-Mail bis Montag, 27. Januar 2025 an
  medien@unibe.ch. Interviewanfragen können an die gleiche Adresse gerichtet werden.

  Ablauf

  Begrüssung durch Christoph Wyss
  (Präsident der Association Internationale pour l’oeuvre  du docteur Albert Schweitzer
  en Lambaréné)
  Buchpräsentation durch die Autoren
  Anschliessend Apéro

  Buch Impressum   Hines Mabika, Hubert Steinke, Tizian Zumthurm: Schweitzers Lambarene.
  Ein globales Spital im kolonialen Afrika. Göttingen: Wallstein, 2024. – 343 Seiten,
  110 Abbildungen.


Weiterführende Informationen finden Sie unter: https://www.img.unibe.ch/ueber_uns/aktuelles/index_ger.html

Das reich bebilderte Buch ist auch im Open Access frei zugänglich: https://doi.org/10.46500/83535672; alle Bilder können zur Verfügung gestellt werden.

20.01.2025