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2025

Die zwei neu entdeckten Fischarten haben einen Namen

In einer Umfrage konnte die Bevölkerung mitentscheiden, wie die zwei Fischarten heissen sollen, die Forschende der Universität Bern entdeckt haben. Nun stehen die Namen fest – die Barbatula-Arten heissen «fluvicola» und «ommata».

Forschende der Universität Bern, des Naturhistorischen Museums Bern und der Eawag haben in Zusammenarbeit mit der Wyss Academy for Nature, dem Kanton Bern, dem Bundesamt für Umwelt und dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Fischerei zwei bisher unbekannte Fischarten in Schweizer Gewässern entdeckt. Die Arten wurden von der Biologin Bárbara Calegari von der Abteilung für Aquatische Ökologie und Evolution des Instituts für Ökologie und Evolution der Universität Bern gemeinsam mit weiteren Forschenden in den Flusssystemen des Rheins und der Aare entdeckt.

Nach der Entdeckung neuer Arten erhalten diese einen wissenschaftlichen Namen. Der Name der beiden neu entdeckten Fischarten wurde jedoch nicht von der Forschungsgruppe allein festgelegt. Die Bevölkerung war eingeladen, sich mit einer Umfrage aktiv an der Namensfindung zu beteiligen. «Unser Ziel war es, die Öffentlichkeit für die biologische Vielfalt und ihren Schutzstatus zu sensibilisieren und gleichzeitig mehr über die Fischarten in den lokalen Gewässern zu erfahren», so Bárbara Calegari.

Entdeckung neuer Fischarten durch morphologische Analysen

Die Fischarten wurden beide in Schweizer Gewässern entdeckt, besiedeln aber unterschiedliche Lebensräume. Eine Art lebt in den schnell fliessenden Bächen und Flüssen des Rheinsystems und erstreckt sich bis in den Donaudurchbruch in Deutschland und Österreich («fluvicola»), während die zweite Art in den ruhigeren Seen des Aare-Systems vorkommt und im Neuenburger-, Bieler-, Vierwaldstätter-, Zürich- und Walensee gefunden wurde («ommata»).

Die neuen Fischarten gehören zur Gattung Barbatula, auch bekannt als Bartgrundel oder Bachschmerle. Obwohl diese Gattung für ihre genetische Vielfalt bekannt ist, konzentrierte sich die Forschungsgruppe bei ihren Analysen auf die Morphologie der Fische, um sie als neue Arten für die Wissenschaft zu bestätigen.

«Mit umfassenden Untersuchungen, bei welchen wir die evolutionären Verwandtschaften, die äusseren Merkmale, die Knochenstruktur und die Ökologie der Fische analysierten, konnten wir konsistente Unterschiede feststellen, die die neuen Arten von den übrigen 13 bereits bekannten europäischen Barbatula-Arten unterscheiden. Dadurch konnten wir den Status der beiden neuen Arten bestätigen und validieren», erklärt Calegari.

Im Vergleich zueinander weisen die beiden neuen Arten Unterschiede auf, die mit ihren Lebensräumen zusammenhängen könnten. Die Art aus den schnell fliessenden Gewässern zeichnet sich durch grössere und kräftigere Brustflossen aus, während die Art aus den ruhigeren Gewässern kleinere Flossen und eine grössere Schwimmblase besitzt, die für eine bessere Auftriebskontrolle verantwortlich ist.

Bevölkerung benennt Fischarten

Die Entdeckung neuer Arten ist entscheidend für den Artenschutz, da sie die Grundlage für Erhaltungsmassnahmen bildet. «Was wir nicht kennen, können wir nicht schützen», betont Calegari. Die genaue Identifizierung und die Benennung neuer Arten mit wissenschaftlichen Namen sind der Schlüssel zu deren gesetzlichem Schutz und unerlässlich für die Bewertung des Aussterberisikos in regionalen und globalen Roten Listen. Die Dokumentation neuer Arten ermöglicht eine gezielte Erhaltungsplanung und trägt zum Schutz intakter Süsswasserökosysteme bei, die auch für den Menschen von grosser Bedeutung sind.

Um das Bewusstsein für die Biodiversität zu stärken, wurde die Bevölkerung dazu eingeladen, an der Namensgebung der neuen Fischarten teilzunehmen. «Indem wir die Menschen aktiv in den Entdeckungsprozess einbeziehen, möchten wir eine tiefere Verbindung zur Natur fördern und Interesse an der Wissenschaft wecken», so Calegari.

Insgesamt nahmen 1’919 Personen an der Umfrage teil und stimmten über die vorgeschlagenen Barbatula Namen der Forschungsgruppe ab.

  • Als Name für die Art aus den schnell fliessenden Gewässern wurde «fluvicola»* gewählt. Der Name kommt vom Lateinischen fluvicola und bedeutet «Bewohner von Flüssen». Damit bezieht er sich auf die bevorzugten Lebensräume in Flüssen, in denen diese Art gefunden wurde.
  • Für die Art aus den ruhigeren Gewässern wurde der Name «ommata»* gewählt. Der Name leitet sich aus dem Griechischen ómmata (ὄμματα) ab und bedeutet «Augen». Dies bezieht sich auf den grossen Durchmesser der Augen dieser Fischart im Vergleich zu anderen.

«Wir freuen uns sehr über die grosse Teilnahme an der Umfrage und darüber, dass die Fischarten nun einen Namen haben werden», so Calegari abschliessend.

* Vorgaben zur korrekten Bezeichnung der Arten: Um den wissenschaftlichen Richtlinien zu entsprechen, darf nur der Artenname in Anführungszeichen genannt werden («fluvicola» oder «ommata») ohne Nennung vom Gattungsnamen Barbatula. Diese Medienmitteilung ist nicht als dauerhafte wissenschaftliche Aufzeichnung oder für Zwecke der zoologischen Nomenklatur gedacht und stellt keine Veröffentlichung im Sinne des zoologischen Nomenklaturkodex dar. Die wissenschaftliche Publikation, einschliesslich der Artenbeschreibungen und -namen, wird in Kürze erscheinen.

Projekt LANAT-3

Bárbara Calegari und das Team der Universität Bern, des Naturhistorischen Museums Bern und der Eawag haben die unbekannten Fischarten im Rahmen des Projekts LANAT-3 im Auftrag der Wyss Academy for Nature, des Kantons Bern und des Bundesamts für Umwelt (BAFU), in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Kompetenzzentrum Fischerei entdeckt.

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Das Institut für Ökologie und Evolution

Das Institut für Ökologie und Evolution an der Universität Bern widmet sich der Forschung und Lehre in allen Aspekten von Ökologie und Evolution und versucht eine wissenschaftliche Basis für das Verständnis und die Erhaltung der lebenden Umwelt zu bieten. Es werden die Mechanismen untersucht, durch die Organismen auf ihre Umwelt reagieren und mit ihr interagieren, einschliesslich phänotypischer Reaktionen auf individueller Ebene, Veränderungen in Häufigkeiten von Genen und Allelen auf Populationsebene, wie auch Veränderungen in der Artenzusammensetzung von Gemeinschaften bis hin zur Funktionsweise von ganzen Ökosystemen.

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Die Abteilung für Aquatische Ökologie und Evolution am Institut für Ökologie und Evolution

Fische sind die vielfältigste Gruppe von Wirbeltieren, spielen eine Schlüsselrolle in aquatischen Ökosystemen, bieten eine breite Palette von Ökosystemleistungen und sind empfindlich gegenüber Umweltveränderungen. Die Abteilung für Aquatische Ökologie und Evolution der Universität Bern untersucht ihre Ökologie, Evolution sowie den Schutz und befasst sich mit der Vielfalt der Fische, von Merkmalen und Genen in Populationen bis hin zur Vielfalt der Artenzusammensetzungen, deren Veränderungen im Laufe der Zeit und den ökosystemaren Folgen.

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06.03.2025