Die leuchtende Atmosphäre des Mars
Die Berner Marskamera CaSSIS an Bord der ESA-Raumsonde ExoMars Trace Gas Orbiter enthüllt die leuchtende Atmosphäre des Mars in noch nie dagewesenen Details.
Bilder vom Rand des Mars enthüllen eine geschichtete Atmosphäre von delikater Komplexität. Eine europäische Raumsonde hat ein leuchtendes Mille-Feuille aus Staub, das den Roten Planeten umhüllt, in noch nie dagewesener Detailtreue aufgenommen.
Die ESA-Raumsonde ExoMars Trace Gas Orbiter sammelt von ihrer Umlaufbahn um den Mars weiterhin Informationen, um die Vergangenheit des Planeten und seine mögliche Bewohnbarkeit zu verstehen. Die Raumsonde kreiste über dem südlichen Hochland von Terra Cimmeria, etwa 400 km über der Marsoberfläche, als sie am 21. Januar 2024 diese Zusammenstellung von fünf vertikalen Bildern aufnahm. Der untere Teil ist der Mars, der obere Teil der Weltraum.
Das Kaleidoskop aus Licht und Farbe besteht aus den höchstauflösenden Bildern der Atmosphäre über dem Marsrand, die jemals aufgenommen wurden. Der Rand des Mars ist die gekrümmte Kante des Planeten, die scheinbare Grenze, an der seine Oberfläche auf den Weltraum trifft. Die Beobachtung des Randes eines Planeten kann Details über den dunstigen Rand seiner Atmosphäre enthüllen.
Die Raumsonde befand sich im Schatten des Mars und blickte auf einen Staubschleier, der in der Abenddämmerung vom Sonnenlicht angestrahlt wurde. Von diesem Standpunkt aus konnte das Colour and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS) an Bord feine Wolken- und Staubschichten erkennen, die in der Atmosphäre verstreut sind. Die fünf Bilder, die jeweils einen 3,6 km breiten Ausschnitt der Atmosphäre abdecken, zeigen Dutzende von Schichten in einer Höhe von 15 bis 55 km. Die abgebildeten Schichten sind jeweils 200 km voneinander entfernt.
Subtile Farbveränderungen deuten darauf hin, dass die Partikel mit zunehmender Höhe kleiner werden. «Unsere Beobachtungen, insbesondere die Farbe, geben einen einzigartigen Einblick in den Radius der Partikel in jeder Höhe in der Atmosphäre. Form und Zusammensetzung könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Das ist eine tolle Sache», sagt Nicolas Thomas, CaSSIS Principal Investigator von der Universität Bern und Hauptautor des Artikels, der am 19. September 2025 in Science Advances veröffentlicht wurde.
Die vielen Schichten von Eispartikeln und Staub zeugen von einer unruhigen Atmosphäre. Diese Partikel streuen das Sonnenlicht, wenn sie mit der Sonnen- und Planetenstrahlung interagieren.
In 40 km Höhe und oberhalb der Marsoberfläche zeigt die CaSSIS-Kamera Schichten aus feinen Partikeln, die in diesem kalten Teil der Atmosphäre kleine Eiskörner enthalten können. Unterhalb von 40 km bestehen die Schichten wahrscheinlich hauptsächlich aus Staub, der von der Oberfläche aufgewirbelt wurde.
Das Ergebnis dieser atmosphärischen Rezeptur kann auch je nach Jahreszeit auf dem Roten Planeten variieren. Staubstürme und damit die Menge der Partikel in der Atmosphäre variieren je nach Region und Jahreszeit. «Das fehlende Verständnis der vertikalen Verteilung von Partikeln in der Atmosphäre ist eine der wichtigsten Fragen zum Klima des heutigen Mars», erklärt Nicolas Thomas.
Bilder des Marsrandes wurden bereits von Mars Express und anderen Raumsonden aufgenommen, aber dies ist das erste Mal, dass die Forscher Bilder mit einer viel feineren räumlichen Auflösung von 18 Metern pro Pixel erhalten haben. Diese einzigartigen CaSSIS-Beobachtungen des Marsrandes werden nun einmal im Monat durchgeführt.
Das Team baut mit dieser Art von Bildern eine umfangreiche Datenbank auf, um das Rezept hinter der atmosphärischen Mille-Feuille des Mars zu entschlüsseln. «Diese Fülle an Informationen wird uns bei der detaillierten Analyse helfen», fügt Nicolas hinzu.
Seit 2018 liefert der ExoMars Trace Gas Orbiter spektakuläre Bilder von der Marsoberfläche und liefert die beste Bestandsaufnahme der atmosphärischen Gase sowie eine Kartierung der Planetenoberfläche nach wasserreichen Orten.
Quelle: ESA, https://www.esa.int/ESA_Multimedia/Images/2025/09/Mars_s_atmospheric_mille-feuille
Publikationsangaben:Millefeuille – the layering of the Martian atmosphere observed in forward scattering geometry. By: Nicolas Thomas, Miguel Almeida, Omar Mokhtari, Antoine Pommerol, Matthew Read, Bernhard Geiger, Lucie Riu, Manish R. Patel, Shane Byrne, Sarah Sutton. In : Science Advances, 18.09.2025 |
Förderung durch das SBFI / Abteilung RaumfahrtCaSSIS ist ein Projekt der Universität Bern und ist finanziert von der Abteilung Raumfahrt des SBFI durch das PRODEX-Programm der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Entwicklung der Instrumenten-Hardware wurde auch von der Italienischen Weltraumagentur (ASI), dem INAF/Astronomischen Observatorium von Padua und dem Weltraumforschungszentrum (CBK) in Warschau unterstützt. Bei allen in der Schweiz entwickelten Instrumenten kommen wesentliche Beiträge und/oder Teillieferungen von der Schweizer Industrie. Das Programm PRODEX, in dessen Rahmen wissenschaftliche Instrumente oder Teilsysteme geliefert werden, setzt eine Industriebeteiligung voraus und fördert so den Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Industrie und verschafft dem Wirtschaftsstandort Schweiz einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – nicht zuletzt dank Spillover-Effekten auf andere Bereiche der beteiligten Unternehmen. Die Schweizer Beteiligung an ESA-Programmen ermöglicht es Schweizer Akteuren aus Wissenschaft und Industrie, sich in den ESA-Aktivitäten in diesem Bereich optimal zu positionieren. Mehr Informationen zu CaSSIS: https://www.cassis.unibe.ch/ |
Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der WeltspitzeAls am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solar Wind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht. Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet. |
22.09.2025