Hochleistungs-Spektrograf für Riesenteleskop
Die Europäische Südsternwarte (ESO) startet die Planung und den Bau des Hochleistungs-Spektrografen ANDES für das zukünftige Riesenteleskop ELT. Zum internationalen Konsortium gehören auch die Universität Genf und die Universität Bern, die gemeinsam den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS leiten. ANDES soll unter anderem zur Entdeckung von möglichem Leben im Universum eingesetzt werden.
Das Projekt «ArmazoNes high Dispersion Echelle Spectrograph» ANDES wird etwa 120 Millionen Euro kosten, und die Schweiz ist einer der Hauptbeitragsleistenden sowohl in instrumenteller als auch in wissenschaftlicher Hinsicht. Dieser Spektrograf der zweiten Generation für das Extremely Large Telescope (ELT), das zukünftige Riesenteleskop der ESO mit 39 Metern Durchmesser, welches derzeit in der chilenischen Atacamawüste gebaut wird. ANDES wird es unter anderem ermöglichen, die Atmosphäre von Exoplaneten nach Spuren von Leben zu durchforsten oder Exoplaneten zu untersuchen, die sich in ihrer protoplanetaren Scheibe bilden.
Die Vereinbarung über die Planung und den Bau von ANDES zwischen der ESO und einem Konsortium von Institutionen, dem auch die Universität Genf und die Universität Bern angehören, wurde heute am Hauptsitz der ESO in Deutschland von Xavier Barcons, dem Generaldirektor der ESO, und Roberto Ragazzoni, dem Präsidenten des italienischen Nationalinstituts für Astrophysik (INAF), unterzeichnet. Das INAF leitet das Konsortium für das 120 Millionen Euro teure Instrument, das einem kleinen Raumfahrtsatelliten entspricht.
Suche nach Spuren von Leben auf Exoplaneten
ANDES ist ein leistungsfähiger Spektrograf, ein Instrument, das Licht in seine verschiedenen Farben zerlegt, damit Forschende die Eigenschaften astronomischer Objekte, wie z. B. ihre chemische Zusammensetzung, bestimmen können. Er wird am ELT der ESO installiert. Das Instrument wird eine Rekordgenauigkeit im sichtbaren und nahen Infrarotbereich aufweisen und zusammen mit dem leistungsstarken Spiegelsystem des ELT den Weg für Forschungsarbeiten ebnen, die viele Bereiche der Astronomie abdecken.
«Der Beitrag der Universität Genf konzentriert sich hauptsächlich auf einen der vier Spektrografen, aus denen ANDES bestehen wird, den RIZ-Spektrografen (in den Wellenlängen Rot und Nahinfrarot) für die instrumentelle Seite und auf die Anwendungen von ANDES im Bereich der Planetensysteme für die wissenschaftliche Seite», erklärt Christophe Lovis, assoziierter Professor an der Universität Genf und Schweizer Vertreter für das ANDES-Konsortium. «ANDES wird es ermöglichen, die Atmosphäre von Exoplaneten auf der Suche nach Biosignaturen zu untersuchen. Es wird den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Centre pour la Vie dans l’Univers, des neu gegründeten Forschungszentrums der Universität Genf, das sich mit der schwierigen Frage des Lebens ausserhalb der Erde befasst, eine grosse Hilfe sein», so Christophe Lovis.
Während heute die offizielle Unterzeichnung stattfindet, herrscht bei den Teams der Astronomieabteilung der Universität Genf bereits rege Betriebsamkeit. «Wir haben bereits ein solides optisches Design für den RIZ-Spektrografen, aber es gibt noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Ein Beispiel: Das Teleskop ist so gross, dass die optischen Teile des Spektrografen, die selbst sehr gross sein werden, auf den Zehntausendstel der Dicke eines Haares ausgerichtet bleiben müssen, damit wir das Signal einer Exo-Erde erkennen können», sagt Audrey Lanotte, Optikingenieurin an der Universität Genf. «Das Projekt beschäftigt bereits ein Dutzend Fachleute an der Universität. Diese Art von Projekt erfordert eine hervorragende Koordination zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Das ist alles sehr aufregend», fügt Audrey Lanotte hinzu.
Gefragte Schweizer Expertise
Die Universität Bern ihrerseits trägt zu ANDES bei, indem sie ein weiteres Kernstück für den Spektrografen liefert: das Lichtverteilungssystem. Dieses wird die Kalibrierung der verschiedenen Spektrografen mit stabilen Lichtquellen ermöglichen. «Die Schweiz ist einer der Hauptbeitragszahler zu diesem Instrument. Die Expertise und die jahrzehntelange Zusammenarbeit der Universität Bern und der Universität Genf, die in den letzten Jahren durch den NFS PlanetS gefestigt wurde, ermöglicht es der Schweiz, sich als internationale Referenz in der Forschung und im Design von hochpräzisen Instrumenten zur Beobachtung und Untersuchung von Exoplaneten, einschliesslich ihres Entstehungsprozesses, zu positionieren», sagt Christoph Mordasini, Professor und Leiter der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie (WP) an der Universität Bern.
Das Extremely Large Telescope (ELT)Das ELT mit seinem 39 Meter grossen Durchmesser wird voraussichtlich im Jahr 2028 «sein erstes Licht sehen», und ANDES wird einige Jahre später, etwa 2032, dort installiert. Neben ihrem entscheidenden Beitrag zur Erforschung von Exoplaneten und Leben im Universum wird die Kombination aus ELT und ANDES auch in anderen Bereichen der Astrophysik bahnbrechende Fortschritte ermöglichen, z. B. bei der Messung der fundamentalen Konstanten der Physik, der Untersuchung ferner Galaxien oder der Entdeckung der ersten Sterne des Universums. Mehr Informationen zum ELT: https://elt.eso.org/ Mehr Informationen zu ANDES: https://elt.eso.org/instrument/ANDES/ |
Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der WeltspitzeAls am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht. Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet. |
05.06.2024