Media Relations

Exoplanet bei unserem Nachbarstern Barnard entdeckt

Ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Bern, der Universität Genf sowie des Nationalen Forschungsschwerpunkts NFS PlanetS hat mit dem ESPRESSO-Spektrografen einen Exoplaneten entdeckt, der Barnards Stern umkreist, der sich im zweitnächsten Sternsystem zu unserer Sonne befindet. Diese Entdeckung trägt zum Verständnis der Planetenentstehung um Rote Zwerge bei und gibt Einblick in die Vielfalt der Planetensysteme in unserer kosmischen Nachbarschaft.

Astronominnen und Astronomen haben einen Exoplaneten entdeckt, der eine geringere Masse als die Erde besitzt und der Barnards Stern umkreist. Es handelt sich um das der Sonne zweitnächste Sternsystem nach dem Alpha-Centauri-System. Diese Entdeckung ist nicht nur wegen der geringen Entfernung von nur sechs Lichtjahren interessant, sondern auch, weil Barnards Stern ein Roter Zwerg ist, der häufigste Sterntyp in unserer Galaxie. Damit hilft die Entdeckung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Vielfalt der Planetensysteme in unserer kosmischen Nachbarschaft besser zu verstehen, und bietet zugleich eine einzigartige Gelegenheit, die Mechanismen zu erforschen, die bei der Entstehung und Entwicklung von Planeten in der Nähe eines Sterns eine Rolle spielen.

Die Entdeckung des Exoplaneten Barnard b, der mindestens die halbe Masse der Venus besitzt, ergänzt die wachsende Liste massearmer Planeten um Rote Zwerge und unterstreicht die Häufigkeit solcher Systeme. Die Studie wurde vom ESPRESSO-Konsortium durchgeführt, dem auch die beiden Trägerinstitutionen des Nationalen Forschungsschwerpunkts NFS PlanetS, die Universitäten Bern und die Universität Genf, angehören. Die Entdeckung gelang dem Team nach vierjährigen Beobachtungen mit ESPRESSO, dem hochauflösenden Spektrografen am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte ESO. Die Ergebnisse wurden soeben in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.

Das Geheimnis von Barnard b lüften

Barnards Stern ist aufgrund seiner Nähe und seines Status als Roter Zwerg – einem häufigen Sterntyp, bei dem Planeten mit geringer Masse weit verbreitet sind – ein wichtiges Ziel für die Suche nach Exoplaneten. Trotz eines vielversprechenden Signals, das 2018 entdeckt wurde, konnte die Existenz eines Planeten um den Stern bislang nicht eindeutig bestätigt werden. Dank der beispiellosen Präzision des ESPRESSO-Spektrografen konnte Barnard b nun jedoch nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um einen Planeten mit einer kleineren Masse als die der Erde, der den Stern in 3,15 Tagen umkreist. Das Team identifizierte zudem Signale, die auf die mögliche Existenz von drei weiteren Exoplaneten hindeuten, deren Bestätigung jedoch noch aussteht.

«Die Entdeckung von Barnard b ist nicht nur wichtig, weil er einer der kleinsten Exoplaneten ist, die wir bisher entdeckt haben, sondern auch, weil er sich in unserer stellaren Nachbarschaft befindet», erklärt Prof. Yann Alibert, Co-Direktor des Centre for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern und Koautor der Studie. «Dies gibt uns die einmalige Gelegenheit, Planeten in unserer Nähe zu untersuchen und ihre Entstehung und Bewegung innerhalt eines Planetensystems besser zu verstehen.»

Vier Jahre hochpräziser Beobachtungen

Die Studie basierte auf der Radialgeschwindigkeitsmethode. Die Anziehungskraft eines umkreisenden Planeten versetzt seinen Mutterstern in Schwingung, was sich auf Eigenschaften des von ihm ausgesandten Lichts auswirkt. Durch die Messung winziger Veränderungen im Licht von Barnards Stern konnten die Forschenden die Existenz von Barnard b bestätigen, der seinem Stern zwanzigmal näher ist als Merkur der Sonne. «ESPRESSO hat bei dieser Entdeckung eine entscheidende Rolle gespielt», erklärt Melissa Hobson, Postdoktorandin am Institut für Astronomie der Universität Genf und Mitautorin der Studie. «Dank der Präzision dieses Instruments konnten wir die schwachen Signale von Barnard b nachweisen, was einmal mehr beweist, dass Rote Zwerge ausgezeichnete Ziele für die Entdeckung von Planeten mit geringer Masse sind.»

Die Studie basiert auf vier Jahren Beobachtungen mit ESPRESSO und Daten von Instrumenten wie HARPS, HARPS-N und CARMENES. Dank der gemeinsamen Anstrengungen und der grossen Datenmenge konnten die Forschenden eine periodische Schwankung von nur 2 km/h in der gemessenen Geschwindigkeit des Sterns nachweisen, die auf die Anwesenheit des Planeten zurückzuführen ist.

Eine Fülle von Planeten um Rote Zwerge

Die Entdeckung von Barnard b trägt zu unserem Verständnis von Planetensystemen um Rote Zwerge bei und bestätigt die Hypothese, dass Planeten mit geringer Masse um diese Art von Sternen herum reichlich vorhanden sind. Obwohl Barnard b zu nah an seinem Stern ist, um flüssiges Wasser zu beherbergen, und seine Oberflächentemperatur bei etwa 125 °C liegt, eröffnet seine Entdeckung neue Perspektiven für die Erforschung dieser Art von Planeten. «Wir wissen nun, dass Planeten mit geringer Masse um Rote Zwerge herum weit verbreitet sind, und Barnards Stern da keine Ausnahme ist», sagt João Faria, Forschungs- und Lehrbeauftragter am Institut für Astronomie der Universität Genf und Mitautor der Studie. «Diese Entdeckung bietet ein neues Spielfeld, um unser Verständnis von der Entstehung dieser Planeten und ihrer Entwicklung im Laufe der Zeit zu testen.»

Ein Blick in die Zukunft

Diese Entdeckung unterstreicht die Bedeutung hochpräziser Instrumente wie ESPRESSO für unser Verständnis von Planetensystemen. Das Instrument, das grösstenteils an Schweizer Universitäten entwickelt wurde, ist derzeit der einzige Spektrograph, der die Geschwindigkeit von Sternen mit einer Genauigkeit von wenigen 10 cm/s (d. h. 0,36 km/h) messen kann. Die mit Barnards Stern erzielten Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Erforschung von Exoplaneten, insbesondere auf die Identifizierung potenziell lebensfreundlicher Planeten in nahegelegenen Systemen.

«Unsere Forschung hilft uns, die Vielfalt der Planetensysteme in der Umgebung der Erde zu kartieren», erklärt Alibert. «Die Entdeckung von Barnard b sowie anderer naher Planeten wie Proxima b zeigt, dass unsere stellare Nachbarschaft voller kleiner Gesteinsplaneten ist, die für unser Verständnis der Planetenvielfalt von entscheidender Bedeutung sind.»

Als nächsten Schritt will das Forscherteam Barnards Stern noch genauer beobachten. Die Möglichkeit, dass drei weitere Planeten den Stern umkreisen, fügt der Faszination eine weitere Ebene hinzu, da die Bestätigung dieser Planeten noch mehr Informationen über die Dynamik und die Zusammensetzung des Systems liefern würde. Das im Bau befindliche Extremely Large Telescope (ELT) der ESO wird in einigen Jahren noch detailliertere Daten liefern.

Publikationsangaben:

A sub-Earth-mass planet orbiting Barnard’s Star by J. I. González Hernández et. al. in Astronomy & Astrophysics, October 2024

URL: https://www.aanda.org/10.1051/0004-6361/202451311 
DOI: 10.1051/0004-6361/202451311

Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze

Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solar Wind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.

Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht.

Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.

Exoplanetenforschung in Genf: 30 Jahre Expertise mit Nobelpreis ausgezeichnet

Der erste Exoplanet wurde 1995 von zwei Forschern der Universität Genf, Michel Mayor und Didier Queloz, entdeckt, die 2019 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurden. Diese Entdeckung verhalf der Abteilung für Astronomie der Universität Genf zu einer Spitzenposition in der Forschung auf diesem Gebiet, insbesondere durch den Bau und die Installation von HARPS am 3,6-m-Teleskop der ESO in La Silla im Jahr 2003, einem Spektrographen, der zwei Jahrzehnte lang der weltweit leistungsfähigste zur Bestimmung der Masse von Exoplaneten war. HARPS wurde jedoch 2018 von ESPRESSO übertroffen, einem weiteren Spektrographen, der in Genf gebaut und am VLT auf dem Paranal installiert wurde.

Die Schweiz hat sich mit der CHEOPS-Mission auch an der Beobachtung von Exoplaneten aus dem Weltraum beteiligt. Diese Mission ist das Ergebnis zweier nationaler Expertisen: zum einen aus dem Weltraum-Know-how der Universität Bern in Zusammenarbeit mit ihrer Genfer Partneruniversität, zum anderen die Bodenerfahrung der Universität Genf, die von ihrer Partneruniversität in der Hauptstadt unterstützt wird. Zwei wissenschaftliche und technische Kompetenzen, die auch zur Gründung des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS geführt haben.

01.10.2024

Astronominnen und Astronomen haben mithilfe des Very Large Telescope der ESO einen Planeten entdeckt, der Barnards Stern umkreist, den unserer Sonne am nächsten gelegenen Einzelstern. Der Planet, der mindestens die Hälfte der Masse der Venus hat, wurde durch die von ihm auf seinen Mutterstern ausgeübte Gravitationskraft entdeckt. Dieses Video fasst die Entdeckung zusammen. © ESO