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Drei Berner Forschende erhalten SNSF Consolidator Grant

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) verleiht zwei Wissenschaftlerinnen und einem Wissenschaftler der Universität Bern je einen SNSF Consolidator Grant. Die geförderten Forschungsprojekte befassen sich mit der Unbestimmtheit in der Welt, der Reaktion der Wälder auf den Klimawandel und dem Alter und Altern als ein vielschichtiges soziales und kulturelles Phänomen im Römischen Reich.

Aufgrund des Status der Schweiz als nicht assoziiertes Drittland des Rahmenprogramms Horizon Europe lancierte der SNF im Auftrag des Bundes 2022 die Übergangsmassnahme «SNSF Consolidator Grants». Diese richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Schweiz und im Ausland, die ihre Forschungsarbeiten in der Schweiz durchführen und ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit festigen wollen.

Erfolgreiche Projekte aus den Geisteswissenschaften und der Klimaforschung

An der Universität Bern erhalten in der aktuellen Ausschreibung zwei Forscherinnen und ein Forscher einen SNSF Consolidator Grant 2023: Prof. Dr. Vera Hoffmann-Kolss, Professorin am Institut für Philosophie, Dr. Christoph Schwörer, Paläoökologe am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung und am Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern, und Dr. Anna Usacheva, aktuell Mitglied des EX-PATRIA Projekts an der Universität Lille, die ihr Forschungsprojekt am Institut für Historische Theologie der Universität Bern durchführen wird.

Hugues Abriel, Vizerektor Forschung und Innovation der Universität Bern, sagt: «Es gibt zweifachen Grund zur Freude – wir haben wiederum erfolgreiche Bewerbungen um diese gewichtige Forschungsförderung des SNF, und zwei davon sind aus den Geisteswissenschaften, welche eher selten ausgewählt werden.»

Unbestimmtheit in der Welt

Prof. Dr. Vera Hoffmann-Kolss, Professorin am Institut für Philosophie, erhält einen SNSF Consolidator Grant in der Höhe von CHF 1,7 Millionen für ein Forschungsprojekt zur Unbestimmtheit in der Welt. Die Laufzeit des Projekts beträgt fünf Jahre.

Über das Projekt:

Das Forschungsprojekt Unbestimmtheit in der Welt untersucht, wie Interventionen und politische Massnahmen bewertet werden können und wie man Akteurinnen und Akteuren Verantwortung zuweisen kann, wenn nicht feststeht, was genau sie verursacht oder verhindert haben. Diese Form der Unbestimmtheit kann entstehen, wenn man tatsächliche Szenarien mit hypothetischen Szenarien vergleicht oder auch wenn zukunftsgerichtete Überlegungen angestellt werden. Das Projekt geht davon aus, dass es in solchen Zusammenhängen oftmals eine Rest-Unbestimmtheit gibt, die bestehen bleibt, egal wie viel man über die relevanten Fakten weiss. Ziel ist es, eine Theorie von normativer Bewertung und Verantwortung zu entwickeln, die mit dieser Unbestimmtheit umgehen kann.

«Die Bewertung politischer Massnahmen und die Zuweisung von Verantwortung unter Ungewissheit ist von grosser gesellschaftlicher Relevanz. Wenn man zum Beispiel die Folgen von Klima- oder Umweltpolitik abschätzen möchte oder darüber diskutiert, welche Massnahmen ergriffen werden sollten, um globale Pandemien oder militärische Krisen zu verhindern, muss man sich auf Theorien von Bewertung und Verantwortung stützen, die auch dann funktionieren, wenn einige Szenarien unbestimmt sind», erklärt Vera Hoffmann-Kolss.

Über Vera Hoffmann-Kolss:

Vera Hoffmann-Kolss ist Professorin für Theoretische Philosophie an der Universität Bern. Sie studierte Philosophie, Statistik und Psychologie an den Universitäten Bonn und Oxford und promovierte 2010 in Philosophie an der Universität Bonn.

Nach einer Postdoc-Stelle an der Universität Köln und einem Visiting Fellowship an der Rutgers University ist sie seit 2019 an der Universität Bern tätig. Der Schwerpunkt ihrer aktuellen Forschung liegt auf Kausalität, Verantwortung und Unbestimmtheit. Sie war Principal Investigator mehrerer internationaler Forschungsprojekte und hat eine Monografie und zahlreiche Zeitschriftenartikel zu Kausalität und anderen Themen aus der Metaphysik veröffentlicht.

Abschätzung vergangener und zukünftiger Reaktionen der Wälder auf die Auswirkungen des Klimawandels anhand alter DNA (ARIaDNA)


Dr. Christoph Schwörer, Paläoökologe am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung und Gruppenleiter der Sektion Paläoökologie am Institut für Pflanzenwissenschaften, erhält einen SNSF Consolidator Grant in der Höhe von CHF 2,2 Millionen für ein Forschungsprojekt im Bereich der Paläoökologie. Die Laufzeit des Projekts beträgt fünf Jahre.

Über das Projekt:

Der Klimawandel und der Rückgang der Biodiversität sind grosse ökologische Herausforderungen. Das Projekt ARIaDNA soll herausfinden, ob und wie sich Pflanzen in der Vergangenheit an eine rasche Klimaerwärmung anpassen konnten. Dies soll zu einem besseren Verständnis führen, wie Ökosysteme auf Klimaveränderungen reagieren, und dazu beitragen, neue Bewirtschaftungsstrategien zu entwickeln.

Dafür wird im Projekt der Übergang von der letzten Eiszeit zur aktuellen Warmzeit analysiert. Im Zentrum der Analyse steht altes Pflanzenmaterial, das auf dem Grund von Seen in den europäischen Alpen konserviert wurde und bis zu 14’000 Jahre alt ist. Die genetischen Informationen dieser pflanzlichen Überreste werden extrahiert, womit es möglich wird, die Ausbreitung der Wälder in den Alpen zu verfolgen, Veränderungen in der genetischen Vielfalt zu rekonstruieren und zu prüfen, ob sich Bäume an die rasche Klimaerwärmung anpassen konnten. Das Projekt soll dazu beitragen, die biologische Vielfalt auf mehreren Ebenen zu schützen und die empfindlichen alpinen Ökosysteme und ihre Leistungen für künftige Generationen zu erhalten.

«Der gegenwärtige und künftige Klimawandel wird zu einer weitreichenden Umstrukturierung vieler Ökosysteme und der damit verbundenen Dienstleistungen führen, was die Lebensgrundlage und das Wohlergehen von Milliarden von Menschen bedroht. Um genauere Vorhersagen über die künftige Entwicklung von Ökosystemen zu machen und Managementstrategien zu entwickeln, werden dringend langfristige Aufzeichnungen benötigt, die die Reaktionen der Ökosysteme auf vergangene Umweltveränderungen dokumentieren», sagt Schwörer zu seinem Projekt.

Über Christoph Schwörer:

Dr. Christoph Schwörer ist Paläoökologe und interessiert sich für langfristige Vegetationsdynamik und die Auswirkungen des globalen Wandels. Er studierte Umweltwissenschaften an der ETH Zürich, bevor er 2013 an der Universität Bern in Klimawissenschaften promovierte. In seiner Doktorarbeit, die von der Bretscher-Stiftung finanziert wurde, analysierte er Pollen und Makrofossilien aus einem See in den Berner Alpen, um 11’000 Jahre Gebirgsvegetationsdynamik in Reaktion auf klimatische Veränderungen und menschliche Einflüsse zu rekonstruieren. Nach einem zweijährigen PostDoc-Aufenthalt an der University of Oregon in Eugene, USA, kehrte er 2016 an die Sektion Paläoökologie der Universität Bern zurück, wo er 2019 Gruppenleiter wurde. In seiner Forschungsgruppe kombiniert er neuartige paläogenetische Ansätze mit modernsten paläoökologischen Methoden und dynamischer Vegetationsmodellierung.

Altern und Alter im 4. bis 6. Römischen Reich: Religiöse, rechtliche, soziale und physische Dimensionen (RomAge)


Dr. Anna Usacheva, aktuell Postdoktorandin beim Projekt EX-PATRIA an der Universität Lille, hat einen SNSF Consolidator Grant von CHF 1,75 Millionen für ein fünfjähriges Projekt im Bereich Historische Theologie erhalten und wird ihr Forschungsprojekt am Institut für Historische Theologie der Universität Bern durchführen.

Über das Projekt:

Das RomAge-Projekt zielt darauf ab, das Altern als ein vielschichtiges soziales und kulturelles Phänomen zu untersuchen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den soziokulturellen Veränderungen und dem Einfluss durch die Ausbreitung des Christentums.

RomAge wird untersuchen, wie der Aufstieg der christlichen Kirche als beeindruckende soziale Einheit mit ihren unterschiedlichen Gesetzen, gesellschaftlichen Normen, ethischen Grundsätzen, massgeblichen Persönlichkeiten und symbolischen Darstellungen die Wahrnehmung des Alterns und des Alters in den verschiedenen Geschlechtern und sozialen Schichten des Römischen Reiches geprägt hat. In die Forschungsarbeit wird eine Reihe von Text- und Materialquellen, medizinische und juristische Literatur, kirchliche Dokumente und Inschriften in griechischer und lateinischer Sprache einbezogen, ebenso wie verschiedenes visuelles Material.

Anna Usacheva sagt zum Projekt: «Die Universität Bern bietet aufgrund des spezifischen Forschungsprofils und der ausserordentlichen fachlichen Kompetenz des Instituts für Historische Theologie ein hervorragendes akademisches Umfeld für RomAge.»

Über Anna Usacheva:

Dr. Anna Usacheva promovierte 2011 in Klassischer und Byzantinischer Philologie an der Staatlichen Lomonossow-Universität Moskau. Im Jahr 2015 erhielt sie ein Marie-Skłodowska-Curie- Stipendium an der Universität Aarhus. Ihre Forschungen mündeten in der Monografie Knowledge, Language, and Intellection from Origen to Gregory Nazianzen (2017, Peter Lang). 2018 erhielt sie ein Core Fellowship des Helsinki Collegium for Advanced Studies, wo sie sich mit dem Traktat De Natura Hominis von Nemesius von Emesa beschäftigte. 2019 gründete sie eine neue wissenschaftliche Peer-Reihe mit dem Titel Contexts of Ancient and Medieval Anthropology (Brill). Von 2020 bis 2023 war sie als Senior Researcher und stellvertretende Leiterin des Projekts «Authorial Publication in Late Antiquity and Early Middle Ages» an der Universität Helsinki tätig. Von 2023 bis 2025 arbeitet sie als Mitglied des EX-PATRIA-Projekts an der Universität Lille über den Einfluss kirchlicher Propaganda auf das Migrationsverhalten und die sozialen Einstellungen der Römer gegenüber ihren sassanidischen Nachbarn.

 

22.08.2024