Universität Bern stärkt Forschungszusammenarbeit in Afrika

Gemeinsam mit afrikanischen und europäischen Partneruniversitäten baut die Universität Bern zwei langfristige Forschungskooperationen auf. Diese befassen sich mit der Gesundheitsversorgung sowie der nachhaltigen Nutzung von Wasser- und Landressourcen. Die Projekte sind Teil einer afrikanisch-europäischen Initiative für exzellente Forschung und sollen künftig eine gleichberechtigte und nachhaltige Form der Zusammenarbeit ermöglichen.

Die African Research Universities Alliance (ARUA) und The Guild of European Research-Intensive Universities (The Guild) welcher die Universität Bern angehört, haben siebzehn Forschungskooperationen, sogenannte «Africa-Europe Clusters of Research Excellence» (Africa-Europe CoRE) ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um umfangreiche Forschungsprogramme, die langfristig, auf mindestens 10 Jahre, angelegt sind und auf gemeinsame gesellschaftliche Herausforderungen fokussieren, wie etwa den Klimawandel. Die Africa-Europe CoRE haben einerseits zum Ziel, angesehene Forschende von Universitäten und Forschungsinstituten auf beiden Kontinenten zusammenzubringen und die Kapazitäten afrikanischer Hochschulen in der Wissenschaft zu stärken. Dabei liegt ein spezieller Schwerpunkt bei jungen Forschenden (Masterstudierende und Doktorierende). Vor allem aber soll die Art der Forschungszusammenarbeit verändert werden, indem die Cluster die Gleichberechtigung als Voraussetzung für exzellente und wirkungsvolle Forschung in den Vordergrund stellen. Die Hintergründe zu den neuen Forschungskooperationen wurden gestern von The Guild und ARUA kommuniziert.

Unter den 17 «Africa-Europe Clusters of Research Excellence», die aus 70 Bewerbungen ausgewählt wurden, befinden sich zwei unter der Co-Leitung der Universität Bern. «Wir sind der festen Überzeugung, dass die Bewältigung globaler Probleme eine globale Zusammenarbeit erfordert – ein Grundsatz, auf dem unsere Internationalisierungsstrategie aufbaut», sagt Hugues Abriel, Vizerektor Forschung der Universität Bern.

Genetische Daten für eine bessere Gesundheitsversorgung

Der Cluster «Genomics for Health in Africa» wird vom Multidisciplinary Center for Infectious Diseases (MCID) an der Universität Bern und der Stellenbosch University in Südafrika – gemeinsam mit der Universität Tübingen – geführt. «Bei diesem Cluster geht es um die Frage, wie in Afrika der Einsatz der Genomik als wesentliches Instrument bei der Erforschung seltener Krankheiten und bei der Überwachung von Infektionskrankheiten helfen kann», sagt Carmen Faso, Co-Direktorin des MCID. Die Genomik umfasst die systematische Analyse aller aktiven Gene (zum Beispiel einer Zelle, eines Gewebes, eines Organs oder eines ganzen Organismus). «Mittels biochemischen, biophysikalischen und strukturellen Analysen versuchen wir, ein besseres Verständnis der Auswirkungen von Genmutationen zu erlangen», erklärt Carmen Faso.

Trotz seines enormen Wertes ist dieses Instrument in der Gesundheitsversorgung in Afrika stark untergenutzt. Unzureichende Infrastrukturen, Ressourcen und Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung wissenschaftlicher Kapazitäten schränken neben anderen Faktoren die Fähigkeit afrikanischer Laboratorien ein, genetische Daten von unschätzbarem Wert in demselben Tempo zu produzieren, zu analysieren und bereitzustellen wie besser ausgestattete Länder. «Dies ist besonders wichtig für die rechtzeitige Verbreitung von Genomikdaten im Bereich der öffentlichen Gesundheit in Epidemie-und Pandemie-Situationen», fasst Carmen Faso zusammen.

Wasser- und Landnutzung, die das gesellschaftliche Wohlergehen fördert

Der zweite Cluster «Sustainable Water and Land Ressource Management for Human Well-Being» konzentriert sich auf Wasser- und Landressourcen. Diese Initiative baut auf einer über 40-jährigen Forschungszusammenarbeit zwischen der Universität Bern und der Addis Ababa University auf. «Die Verschlechterung der Bodenqualität ist eines der drängendsten Entwicklungsprobleme weltweit, von dem 40% der Böden der Erde betroffen sind. Wenn wir uns dieser Herausforderung mit der richtigen Mischung aus traditionellem und wissenschaftlichem Wissen stellen, können wir eine Zukunft sichern, die Ernährungssicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel, die Armutsbekämpfung und Konfliktvermeidung fördert», so Thomas Breu, Direktor vom Centre for Development and Environment (CDE).

Das übergeordnete Ziel des vom CDE, Universität Bern, und der Addis Abeba University geleiteten Clusters ist es, Forschende im Bereich der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wasser- und Landressourcen mit internationalen Partnern aus Politik und Praxis zusammenzubringen. So soll gemeinsam der Bodendegradation entgegengewirkt und gleichzeitig nachhaltige Entwicklung und Konfliktlösung gefördert werden. «Dies ist entscheidend für die Verbesserung des gesellschaftlichen Wohlergehens und der Ökosysteme in Afrika und darüber hinaus», sagt Thomas Breu weiter.

Beide Kontinente profitieren

Die Universität Bern engagiert sich seit vielen Jahren stark für die Förderung der Wissenschaft und die Pflege globaler Forschungsnetzwerke, auch mit Partnern in Afrika. So haben sich Berner Forschende aus verschiedenen Disziplinen aktiv an der Zusammenarbeit mit afrikanischen Universitäten beteiligt, wie etwa bei Projekten zur HIV-Forschung des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) mit südafrikanischen Partnerinstitutionen. «Dabei machen das Wissen und die Fähigkeiten unserer Partner im Süden unsere Forschungsarbeiten qualitativ besser und relevanter», sagt Hugues Abriel. Dass zwei Africa-Europe Clusters of Research Excellence nun  gemeinsam von Forschenden der strategischen Zentren MCID und CDE mit afrikanischen Partnern geleitet werden, sei ein bedeutender Schritt nach vorn im Engagement der Universität Bern für die Umgestaltung der Forschungszusammenarbeit. «Wir sind zuversichtlich, dass beide Kontinente durch eine gerechtere und multidisziplinäre Herangehensweise an diese Kooperationen profitieren und zu einem gesellschaftlichen Wandel beitragen können», so Hugues Abriel abschliessend.

Informationen betreffend «The Africa-Europe Clusters of Research Excellence»:

Africa-Europe CoRE-GHA «Genomics for Health in Africa»

Der Africa-Europe Cluster of Research Excellence «Genomics for Health in Africa» zielt darauf ab, das Potenzial der Genomik zu nutzen, um die Gesundheitsversorgung sowohl für Infektions- als auch für seltene, nicht übertragbare Krankheiten in Afrika zu revolutionieren. In Kombination mit biochemischen, biophysikalischen und strukturellen Analysen dient die Genomik als leistungsstarkes Instrument für die Präzisionsmedizin und personalisierte Behandlungsansätze. Das CoRE-GHA wird Kapazitäten für die genombasierte Diagnostik von seltenen Krankheiten, Krebs und Infektionen aufbauen, verbunden mit der Untersuchung von Proteinstruktur-Funktionsbeziehungen und der Unterstützung einer optimalen Medikamentenbehandlung und Impfstoffentwicklung. Im Rahmen des CoRE-GHA hat das Multidisciplinary Center for Infectious Diseases (MCID) an der Universität Bern mit der Stellenbosch University in Südafrika und der Universität Tübingen in Deutschland die Leitung inne.
 

Africa-Europe CoRE «Sustainable Water and Land Resource Management for Human Well-Being»

Die Verschlechterung der Bodenqualität, die damit verbundenen Konflikte und der Klimawandel sind globale Entwicklungsprobleme, von denen die afrikanischen Länder besonders betroffen sind. Die Pflege von Land und Wasser – und insbesondere die langfristige Gesundheit von Ökosystemen und Landschaften – ist von grundlegender Bedeutung für die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und Pandemien sowie die Unterstützung nachhaltiger Lebensgrundlagen. Zusammen mit der Addis Ababa University in Äthiopien leitet das Centre for Development and Environment der Universität Bern den Africa-Europe (CoRE) «Sustainable Water and Land Ressource Management for Human Well-Being».


Informationen betreffend universitäre Allianzen:

African Research Universities Alliance (ARUA)

Die African Research Universities Alliance (ARUA) wurde im März 2015 in Dakar eingeweiht und bringt sechzehn der führenden Universitäten aus Afrika zusammen.

Die ARUA setzt sich zum Ziel, ein panafrikanisches Netz zu werden, welches durch die Entwicklung starker Forschungsuniversitäten die akademische Exzellenz auf dem ganzen Kontinent vorantreibt, um Lösungen für die Entwicklungsprobleme in Afrika zu finden.
Weitere Informationen

The Guild

The Guild wurde 2016 gegründet und zählt 21 von Europas bedeutendsten Universitäten aus 16 Ländern zu ihren Mitgliedern, die sich durch intensive Forschung auszeichnen. Sie engagiert sich für die Stärkung der Stimme der akademischen Institutionen, der Forschenden und der Studierenden. The Guild verpflichtet sich dem Streben nach Exzellenz, der Suche nach Wahrheit und der Vertrauensbildung als Grundlage des öffentlichen Lebens. Ebenso engagiert sich The Guild in der Schaffung von neuem Wissen zum Wohle der Gesellschaft, der Kultur und des wirtschaftlichen Wachstums. Die Universität Bern ist seit 2017 Mitglied von The Guild.
Weitere Informationen
Medienmitteilung von The Guild zur Gründung der Africa-Europe Clusters of Research Excellence vom 19.6.2023


Informationen betreffend den strategischen Zentren MCID und CDE der Universität Bern:

Multidisciplinary Center for Infectious Diseases (MCID)

Das MCID ist ein multidisziplinäres Forschungszentrum der Universität Bern, das sich der Erforschung und Bekämpfung von gesundheitlichen, gesellschaftlichen, ethischen und ökonomischen Risiken durch Infektionskrankheiten widmet. Das MCID bringt exzellente Forschende mit dem Ziel zusammen, die Ursachen von Infektionskrankheitsrisiken zu erforschen, sich auf Risiken vorzubereiten und diese zu bewältigen.
Mit einem starken Fokus auf interdisziplinärer Forschung unterstützt das MCID vielversprechende Nachwuchsforschende, die Proof-of-Concept- oder Pilotdaten von ausreichender Qualität generieren wollen, um einen unabhängigen Forschungsbereich aufzubauen.

Das MCID engagiert sich auch in der Entwicklung und Durchführung von Wissensvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit.
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Centre for Development and Environment (CDE)

Das Centre for Development and Environment (CDE) wurde 2009 als interdisziplinäres Forschungszentrum der Universität Bern gegründet. Sein Engagement besteht darin, innovative Ansätze in Forschung und Lehre voranzutreiben, um eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern. 

Zu diesem Zweck engagiert sich das CDE für soziales Lernen und für die Produktion von Wissen in mehreren Regionen der Welt, investiert in langfristige Partnerschaften und verbindet lokale Realitäten mit globalen Debatten.

Das CDE entstand 1988 mit der Gruppe für Entwicklung und Umwelt am geographischen Institut. Heute hat das CDE den universitären Auftrag, Forschung, Lehre und Umsetzung auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung und des globalen Wandels voranzutreiben, indem es mit der Universitätsleitung, ausgewählten Forschungsgruppen sowie nationalen und internationalen Partnern zusammenarbeitet.

Das CDE beschäftigt rund 90 Mitarbeitende aus 25 Disziplinen, ist in drei Regionen des globalen Südens sowie in der Schweiz und in Europa aktiv und realisiert derzeit über 60 Projekte mit einem Jahresumsatz von CHF 12 Millionen. Ein wichtiger Teil der Aufgaben des CDE sind Lehre und Ausbildung. Das CDE bietet Lehrangebote im Bereich nachhaltiger Entwicklung auf Bachelor-, Master-, Doktoranden- und Postgraduiertenstufen mit derzeit rund 500 Studierenden an.

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20.06.2023