10 Millionen Euro für die Suche nach neuen Elektrokatalysatoren

Ein internationaler Zusammenschluss von Forschenden mit Beteiligung der Universität Bern macht sich mit neuen Konzepten auf die Suche nach leistungsfähigen und haltbaren Elektrokatalysatoren für die Energiewende. Dabei werden sie vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit 10 Millionen Euro gefördert.

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Für seine Herstellung müssen Reaktionen katalysiert werden, die teils unter extremen Bedingungen stattfinden. Bisherige Elektrokatalysatoren halten das meist nicht lange aus – neue Materialien werden benötigt, die sowohl leistungsstark als auch langlebig sind und die idealerweise keine teuren und knappen Elemente enthalten.

Mit einem neuen Ansatz machen sich Forschende aus Dänemark, Deutschland und der Schweiz im Projekt «Directed Evolution of Metastable Electrocatalyst Interfaces for Energy Conversion», kurz DEMI, systematisch auf die Suche. Dabei bündeln die Professoren Jan Rossmeisl von der Universität Kopenhagen, Alfred Ludwig von der Ruhr-Universität Bochum, Karl Mayrhofer von Helmholtz-Institut Erlangen Nürnberg/Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Matthias Arenz vom Departement für Chemie und Biochemie und Pharmazie (DCBP) der Universität Bern mit ihren Teams ihre Expertise. DEMI wird für die kommenden sechs Jahre mit rund 10 Millionen Euro im Rahmen eines Synergy Grants vom Europäischen Forschungsrat ERC gefördert, der höchsten Auszeichnung für Forschende in der EU.  

Die Stecknadel im Heuhaufen

Besonders vielversprechend als Elektrokatalysatoren sind Materialien, die aus fünf oder mehr Elementen bestehen. Die Forschenden suchen damit praktisch die Stecknadel im Heuhaufen, denn es gibt eine schier unendliche Zahl möglicher Verbindungen. 

Die Kopenhagener Forschenden berechnen aussichtsreiche Materialkombinationen basierend auf theoretischer Elektrochemie und Simulationen. Dabei verfolgen sie ein evolutionäres Prinzip, indem sie an erfolgversprechenden Kombinationen kleine Veränderungen machen und prüfen, ob diese sich positiv oder negativ auswirken. So folgen sie dem Pfad zum immer besseren Material. Das Bochumer Team führt u.a. ein evolutionäres Screening mit neuartigen Mikromaterialbibliotheken durch. Tausende Materialien die gleichzeitig hergestellt werden, werden im Anschluss extremen elektrochemischen Bedingungen ausgesetzt, um somit sehr schnell die «Überlebensfähigen» zu identifizieren.

Auf dieser Basis werden weitere Materialbibliotheken hergestellt, die die Erlanger Forschenden im Hochdurchsatz auf ihre elektrochemische Leistungsfähigkeit hin untersuchen. «Das Team der Universität Bern stellt dann aus den besten Materialkombinationen Katalysatoren in Form von Nanopartikeln her, die in die Anwendung überführt werden könnten», erklärt Matthias Arenz von der Universität Bern.

Leistung auf lange Sicht

DEMI wird wichtige Beiträge liefern, um mit neuen Katalysatormaterialien die Effizienz von Elektrolyse und Brennstoffzellen deutlich zu erhöhen, und damit Kosten der Technologien zu senken. Ziel der Forschenden ist es, Materialien zu finden, die auch unter Last lange leistungsfähig sind. Jan Rossmeisl von der Universität Kopenhagen erklärt: «Wir verstehen die Aktivität von Katalysatoren viel besser als die Stabilität. Wir können verschiedene Hypothesen darüber aufstellen, was die Stabilität bestimmt, aber erst durch die Kombination der verschiedenen Ansätze, die wir in DEMI verfolgen, können wir Theorien für die Metastabilität entwickeln.

«Bisher beschriebene Materialien waren zwar mitunter sehr leistungsfähig, büssten ihre Fähigkeiten aber in der Anwendung schnell ein, sodass sie nie in die Praxis gekommen sind», erklärt Alfred Ludwig von der Ruhr-Universität Bochum. «Unser Ziel ist es deswegen, ein metastabiles System zu finden, das über lange Zeit eine gute katalytische Leistung bringt.»

«Mit unserem datengetriebenen, vernetzenden Ansatz streben wir in DEMI einen Durchbruch zum Verständnis von Metastabilität von Grenzflächen an», erklärt Karl Mayrhofer. «Daraus ergeben sich Katalysatoren mit hoher integraler Leistung über die gesamte Lebensdauer.» 

Die Forschenden wollen neue Katalysatormaterialien finden, die sowohl aktiv als auch Langzeit Stabil sind. «Die Stabilität von Katalysatoren steht selten im Fokus der Forschung. Dies ändert sich mit unserem Projekt», erklärt Matthias Arenz. «Wir erwarten sowohl fundamentale Erkenntnisse über Metastabilität als auch neuartige Katalysatoren für die Energiewende.»

ERC Synergy Grants

Die ERC Synergy Grant richten sich an mindestens zwei bis maximal vier Forschende, die mit ihren Teams herausragende komplementäre Fähigkeiten zusammenbringen, um sich gemeinsam und interdisziplinär mit bahnbrechenden Forschungsfragen zu befassen. Es handelt sich dabei um die höchste Stufe der Exzellenz-Förderung der Europäischen Kommission.

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Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie

Die Forschung am Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazie (DCBP) ist thematisch in zwei Bereiche gegliedert: (I) Chemie und Biochemie, (II) Pharmazie. An Departement lehren und forschen über 20 Hochschuldozentinnen und -dozenten und es wird eine moderne Ausbildung mit Bachelor- und Masterprogrammen in drei verschiedenen Studienrichtungen angeboten: «Chemie und molekulare Wissenschaften», «Biochemie und Molekularbiologie» und «Pharmazeutische Wissenschaften», mit einem darauf aufbauenden Doktoratsstudium in den Bereichen Chemie und Biochemie.

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26.10.2023