Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur setzt pandemiebedingt aus
Die «Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur» an der Universität Bern wird nach 16 Semestern aufgrund der epidemischen Lage unterbrochen.
Eingerichtet im Jahr 2014, hat die Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur in bislang 16 Semestern internationale Autorinnen und Autoren nach Bern gebracht. Sie unterrichteten jeweils eine wöchentliche Lehrveranstaltung an der Universität, gaben einen Workshop für Doktorierende und traten in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen in Bern und an anderen Orten der Schweiz auf. Zu den Gästen gehörten Joanna Bator aus Polen, Xiaolu Guo aus China und Juan Gabriel Vásquez aus Kolumbien. Die letzte Dürrenmatt Gastprofessorin war im Herbstsemester 2021 Adania Shibli aus Palästina. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten und schwierigen Umstände, welche die Coronapandemie mit sich bringt, haben die Organisatorinnen und Organisatoren nun entschieden, die Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur im Frühlingssemester 2022 nicht zu besetzen.
«Gastprofessur lebt vom persönlichen Austausch»
Die vergangenen vier Semester der Gastprofessur wurden durch die Pandemie und die Massnahmen zu ihrer Eindämmung stark beeinträchtigt: Veranstaltungen mussten abgesagt oder verschoben werden, konnten nur digital stattfinden oder allenfalls mit Abstandsregeln sowie Masken- und Zertifikatspflicht. Dass die Regeln kontinuierlich angepasst werden mussten, erschwerte die Planung. Hinzu kamen Reisebeschränkungen. All dies führte zu einer Verunsicherung bei den Autorinnen und Autoren wie auch bei deren Publikum. «Die Gastprofessur lebt vom persönlichen Austausch mit den internationalen Gästen», erklärt Initiator und Projektleiter Oliver Lubrich. Und dieser Austausch lasse sich nicht beliebig digitalisieren und einschränken. Aufgrund der hohen Anzahl ungeimpfter Personen in der Schweiz sei noch nicht absehbar, wann ein normaler Lehrbetrieb wieder möglich sein werde. «Das grosse Engagement, mit dem wir das Projekt durchführen, ist unter diesen Umständen nicht mehr zu rechtfertigen. Vor allem für die Studierenden tut uns das sehr leid», sagt Lubrich.
«Kommando Dürrenmatt»
Zum 100. Geburtstag ihres Namensgebers erschien 2021 eine Anthologie mit neuen Texten der ersten 15 Dürrenmatt Gastprofessorinnen und Gastprofessoren. In seiner Erzählung «Kommando Dürrenmatt» erfindet der französische Goncourt-Preisträger Mathias Énard einen Bürgerkrieg in Bern – im zehnten Jahr der Pandemie. So lange soll es nicht dauern, bis die Gastprofessur fortgesetzt wird.
Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für WeltliteraturDie Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur erweitert das akademische und kulturelle Angebot in Bern und darüber hinaus. Seit dem Frühjahr 2014 unterrichtet in jedem Semester ein internationaler Gast an der Universität Bern. Die Autorinnen und Autoren geben je eine 14-wöchige Lehrveranstaltung und arbeiten wie reguläre Professorinnen und Professoren mit Studierenden und Doktorierenden zusammen. Zusätzlich zu ihren Seminaren oder Vorlesungen werden universitäre und öffentliche Veranstaltungen in Bern sowie an anderen Orten in der Schweiz organisiert. Die Gastprofessur wird verwirklicht mit Unterstützung der Stiftung Mercator Schweiz und der Burgergemeinde Bern. |
Bisherige Friedrich Dürrenmatt Gastprofessorinnen und GastprofessorenFrühjahrssemester 2014: David Wagner (Deutschland) |
«Vom Dorf um die Welt und zurück – Eine Hommage an Friedrich Dürrenmatt in Geschichten von Lukas Bärfuss, Joanna Bator, Lizzie Doron, Juan Gabriel Vásquez, Peter Stamm, u.v.a.»Mit weiteren Texten von Hans Christoph Buch (Deutschland), Louis-Philippe Dalembert (Haiti), Mathias Énard (Frankreich), Xiaolu Guo (China), Nedim Gürsel (Turkei), Josefine Klougart (Dänemark), Wendy Law-Yone (Burma), Wilfried N’Sondé (Kongo), Fernando Pérez (Kuba) und David Wagner (Deutschland). Herausgegeben von Oliver Lubrich und Reto Sorg. Zürich: Diogenes 2021, 312 Seiten. |
19.01.2022