Unsicherheit bezüglich CO2-Aufnahme im Südpolarmeer halbiert
Die Weltmeere sind ein wichtiger CO2-Speicher. Doch wieviel Kohlendioxid können sie künftig tatsächlich aufnehmen? Entsprechende Prognosen wiesen bisher eine grosse Bandbreite auf. Berner Klimaforschende konnten nun die Leistung des Südpolarmeers als sogenannte CO2-Senke genauer bestimmen.
Wer den globalen Kohlenstoffkreislauf erforscht, hat es mit unvorstellbar grossen Zahlen zu tun. So werden beispielsweise im Südpolarmeer in Modellsimulationen über den Zeitraum von 1850 bis ins Jahr 2100 insgesamt etwa 244 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufgenommen. Dies wenn man ein künftiges Szenario mit hohen CO2-Emissionen annimmt. Aber möglicherweise könnten es auch 204 oder 309 Milliarden Tonnen sein – derart stark variiert die Leistung der weltweiten grössten Ozeansenke für menschengemachtes CO2 in den bisherigen Klimamodellen. Der Grund: Es bestehen grosse Schwierigkeiten, die Zirkulation im Südpolarmeer und dadurch die Aufnahme von menschengemachtem CO2 richtig abzubilden. «Die Forschung versucht seit langem, dieses Problem zu lösen. Nun ist es uns gelungen, die grosse Unsicherheit um rund 50 Prozent zu reduzieren», sagt Jens Terhaar vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern.
Zusammen mit Thomas Frölicher und Fortunat Joos, die ebenfalls am Oeschger-Zentrum forschen, hat Terhaar soeben eine neue Methode in der Fachzeitschrift «Science Advances» vorgestellt, um die Senkenwirkung des Südpolarmeers zu berechnen. Zentral ist dabei der Zusammenhang zwischen der Aufnahme von menschengemachtem CO2 und dem Salzgehalt des Oberflächenwassers. «Die Entdeckung, dass diese beiden Faktoren eng zusammenhängen, trägt wesentlich zum Verständnis darüber bei, wie das Südpolarmeer als CO2-Senke funktioniert», erklärt Thomas Frölicher.
Kleine Hilfe auf dem Weg, Klimaziel von Paris zu erreichen
Das bessere Verständnis des CO2-Speichers Ozean ist mit Blick auf den Klimawandel von grosser Bedeutung. Der Ozean nimmt mindestens einen Fünftel der menschengemachten CO2-Emissionen auf und bremst so den Klimawandel. Der mit Abstand grösste Teil dieser Aufnahme – etwa 40 Prozent – geschieht im Südpolarmeer.
Die neuen Berner Berechnungen reduzieren nicht nur Unsicherheiten in der CO2-Aufnahme, sondern zeigen auch, dass das Südpolarmeer bis Ende des 21. Jahrhunderts rund 15 Prozent mehr CO2 aufnimmt als bisher gedacht. Dies ist eine sehr kleine Hilfe auf dem äusserst anspruchsvollen Weg, das 1.5 Grad Klimaziel von Paris zu erreichen. «Die Reduktion der menschengemachten CO2-Emissionen, die durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern entstehen, bleibt äusserst dringlich, wenn wir die Ziele des Klimaabkommens von Paris erreichen wollen», verdeutlicht Fortunat Joos.
Bessere Modellvorhersagen möglich
In ihrer Studie zeigen die drei Spezialisten für den globalen Kohlenstoffkreislauf, weshalb der Salzgehalt an der Meeresoberfläche ein guter Indikator dafür ist, wieviel Wasser mit menschengemachtem CO2 in die Tiefe des Ozeans transportiert wird. Ihre Argumentation: Modelle, die von einem geringen Salzgehalt an der Wasseroberfläche ausgehen, gehen von zu leichtem Oberflächenwasser aus und transportieren daher weniger Wasser und CO2 in die Tiefe. Sie nehmen dadurch auch weniger CO2 aus der Atmosphäre auf. Modelle mit höherem Salzgehalt hingegen zeigen eine grössere Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre. Der mittels Beobachtungen bestimmte Salzgehalt des Südpolarmeers erlaubte es den Berner Forschern, die verschiedenen Modellvorhersagen einzugrenzen und die Aussagekraft von Modellvorhersagen zu verbessern.
Publikationsdetails:J. Terhaar, T. L. Frölicher, F. Joos: Southern Ocean anthropogenic carbon sink constrained |
Oeschger-Zentrum für KlimaforschungDas Oeschger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) ist eines der strategischen Zentren der Universität Bern. Es bringt Forscherinnen und Forscher aus 14 Instituten und vier Fakultäten zusammen. Das OCCR forscht interdisziplinär an vorderster Front der Klimawissenschaften. Das Oeschger-Zentrum wurde 2007 gegründet und trägt den Namen von Hans Oeschger (1927-1998), einem Pionier der modernen Klimaforschung, der in Bern tätig war. |
28.04.2021