Unerschrocken und unermüdlich: Die Pionierinnen im Bundeshaus

Das Bernische Historische Museum zeigt zusammen mit dem Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung (IZFG) der Universität Bern eine Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestags des Frauenstimmrechts. Sie kann ab morgen bis zum 4. Juli 2021 besucht werden. Die Stimme haben dabei die eidgenössischen Politikerinnen der ersten Stunde, die ihre Geschichten und Erfahrungen mit den Besuchenden teilen. Die Ausstellung umfasst ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte, das mit der Einführung des Frauenstimmrechts begann und bis heute andauert.

Als fast letztes demokratisches Land der Welt gewährte die Schweiz ihren Bürgerinnen vor 50 Jahren die politischen Rechte. Zehn Nationalrätinnen und eine Ständerätin zogen daraufhin im November 1971 ins Bundesparlament ein. Endlich durften Frauen die Politik ihres Landes mitgestalten, sie konnten abstimmen, wählen und gewählt werden. Eine über hundert Jahre alte Ungerechtigkeit war scheinbar beendet, ein schwerwiegendes Demokratiedefizit beseitigt. Doch wie wurden die Politikerinnen im Bundeshaus empfangen? Wie haben sie sich Gehör verschafft und wie ihren Platz unter der Bundeskuppel behauptet?

Ungehörte Geschichten und ein direkter Appell

«Die Ausstellung ‹Frauen ins Bundeshaus! 50 Jahre Frauenstimmrecht› veranschaulicht, wie sich die ersten eidgenössischen Politikerinnen in die bis 1971 ausschliesslich männlich dominierte Bundespolitik einbrachten, wie sie das Feld der Politik herausforderten und veränderten», erläutert Fabienne Amlinger, Kuratorin der Ausstellung und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bern. Zwölf Politikerinnen verschiedener Parteien, darunter etwa die erste Schweizer Bundesrätin Elisabeth Kopp und die erste Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, aber auch aktuelle Politikerinnen wie Tamara Funiciello und Yvette Estermann, teilen in Videointerviews bisher ungehörte Geschichten über Erfolge, Rückschläge und den unermüdlichen Kampf für Gleichstellung. Mit dem Appell, selbst aktiv zu werden, richten sie sich direkt an die Besuchenden.

Engagement wird weiterhin gebraucht

Mit der neuen Wechselausstellung geht das Bernische Historische Museum unkonventionelle Wege – so kommt sie ohne ein einziges historisches Exponat aus und fokussiert stattdessen auf das audiovisuelle Erlebnis: «Die Ausstellungsbühne gehört ganz den Pionierinnen in der Schweizer Politik», so Direktor Thomas Pauli-Gabi. Die heute zumeist kaum mehr bekannten frühen Politikerinnen sollen so vor dem Vergessen bewahrt, gewürdigt und ihre Geschichten generationenübergreifend einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. «Was uns aus heutiger Perspektive als selbstverständlich erscheint, musste lange und hart erkämpft werden. Und es braucht weiterhin Engagement – nicht nur, um das Erkämpfte zu erhalten, sondern um die Gleichstellung zu verwirklichen», erklärt die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss ihre Beteiligung an der Ausstellung. 

Die aus Agora-Mitteln des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) anschubfinanzierte Ausstellung basiert auf Erkenntnissen eines mehrjährigen, ebenfalls vom SNF unterstützten Forschungsprojekts der Universität Bern, aus welchem das 2017 publizierte Buch «Im Vorzimmer der Macht?» von Fabienne Amlinger resultierte. 

Vielseitiges Rahmenprogramm 

Die Ausstellung wird von einem Rahmenprogramm begleitet, das eine Brücke zur Gegenwart schlägt und zum Dialog über die Gleichstellung der Geschlechter und die politische Partizipation in der heutigen Zeit einlädt. Das Bernische Historische Museum arbeitet dabei mit Partnerinnen wie alliance F, Helvetiarockt oder Drag Story Time zusammen.

Bildmaterial in hoher Auflösung:

www.bhm.ch/bilder-frauenstimmrecht

Quelle: Bernisches Historisches Museum

15.12.2020