Sieben Marie Curie Fellowships für die Universität Bern
Jedes Jahr vergibt die Europäische Kommission die «Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowships» an Postdoktorierende. Bei der letzten Ausschreibung waren sieben Forschende der Universität Bern erfolgreich. Die Universität Bern erzielte damit eine überdurchschnittliche Erfolgsquote.
Die Individualstipendien werden im Rahmen der «Marie-Skłodowska-Curie-Actions» (MSCA) vergeben und sind Teil des europäischen Rahmenprogramms für Forschung und Innovation «Horizon 2020». Ziel des Förderprogramms ist es, die Qualität der Forschungsausbildung und Karriereentwicklung von Nachwuchsforschenden durch die Unterstützung eines Projekts an einer ausländischen Universität zu erhöhen. Dafür suchen sich die Forschenden in ihrem Fachgebiet eine Betreuungsperson, die ein exzellentes Umfeld für die Weiterbildung und für das Projekt anbieten kann. Gemeinsam mit ihrem Supervisor bewerben sich die Fellows bei «Horizon 2020». Ende Januar 2018 gab die Europäische Kommission bekannt, dass sie insgesamt 1‘348 MSCA Individual Fellowships vergibt. Sieben gehen an Forschende der Universität Bern.
Hohe Erfolgsquote
Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Universität Bern die Erfolgsquote noch einmal steigern. Mit 26% liegt die Berner Erfolgsrate zudem um einiges höher als der schweizweite Durchschnitt (17%). Europaweit liegt die Quote mit 15% sogar noch etwas tiefer. Das gute Resultat freut Daniel Candinas, Vizerektor Forschung: «Die hohe Erfolgsquote zeigt, dass die Universität Bern international als Top-Forschungseinrichtung wahrgenommen wird.» Darüber hinaus profitiere der Forschungsstandort Bern von den MSCA Fellows: «Sie erhöhen die Sichtbarkeit der Universität Bern innerhalb der internationalen Forschungscommunity und bringen ihr bestehendes Netzwerk nach Bern.»
Sechs Incoming – Ein Outgoing
Sechs der Berner MSCA Fellows kommen aus verschiedenen Ländern der EU und werden während zwei Jahren an der Universität Bern ein individuelles Forschungsprojekt umsetzen. Einen Berner Fellow führt das Stipendium für zwei Jahre an die Universität Yale, USA. Die ausgewählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen in unterschiedlichen Bereichen wie der Geographie, Biologie, Soziologie, Biomedizin, Neurologie und Ökologie.
Liste der Berner Marie Curie Fellows
Dr. Nathalie Ségaud
Departement für Chemie und Biochemie (DCB), Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Martin Albrecht
Projekttitel: Biomimetic Dicopper Architecture for Catalytic Oxygen Activation (BiomCatOx)
Im gegenwärtigen ökologischen und ökonomischen Kontext (globale Erwärmung, Umweltverschmutzung, Abfallbehandlung und weitere) sind Forschende herausgefordert, neue industrielle Prozesse zu entwickeln, die umweltfreundlich und profitabel sind. In der Chemie können Synthesen sehr energieintensiv sein, etwa bei der Umwandlung von Rohstoffen wie Erdöl und Gas. Diese Reaktionen erfordern hohe Temperaturen und hohen Druck, dauern lange und sind umweltschädlich. Das Projekt wird ein neues Konzept entwickeln, wie solche Reaktionen unter weniger schädlichen Bedingungen durchgeführt werden können – im Wasser und unter Verwendung von Sauerstoff als mildem Oxidationsmittel. Dies wird eine genaue Kontrolle der Reaktivität des Verfahrens ermöglichen und die Effizienz des synthetischen Katalysators erhöhen.
Dr. Joanna Triscott
Department of BioMedical Research (DBMR), Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Mark Andrew Rubin
Projekttitel: Towards understanding non-canonical phosphatidylinositol kinases in the maintenance of prostate metabolism (PCAPIP)
Statistisch gesehen wird in Europa bei einem von sieben Männern Prostatakrebs diagnostiziert. Während die Mehrheit den Krebs überwindet, entwickeln über 70’000 Männer gegenüber einer Hormontherapie eine Resistenz. Das Projekt zielt darauf ab, die Mechanismen, die in Prostatazellen zu dieser Resistenz führen, besser zu verstehen. Zu diesem Zweck wird eine noch wenig erforschte Familie von Enzymen untersucht, die an einer Vielzahl von zellulären Schlüsselfunktionen beteiligt sind, um mehr über deren Funktion in der Prostata zu erfahren. Das Projekt wird wertvolle Einblicke in diese spezifische Familie von Enzymen liefern und dazu beitragen, neuartige Wirkstoffe gegen Prostatakrebs zu entwickeln.
Dr. Diana Jessie Rennison
Institut für Ökologie und Evolution (IEE), Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Catherine Peichel
Projekttitel: Pleiotropy and Evolutionary Constraint (PLEVOCON)
Sind die genetischen Mechanismen vorhersagbar, wenn sich Organismen an neue Umgebungen anpassen? Theoretische Arbeiten legen nahe, dass Pleiotropie – wenn ein einzelnes Gen mehrere Merkmale beeinflusst – ein wichtiger einschränkender Faktor während dieser Anpassung sein könnte. Das Ziel des Projekts ist es zu testen, ob Pleiotropie in der Evolution vorhergesagt werden kann. Am Beispiel der Fischart «Dreistachliger Stichling», der sich in den letzten 12’000 Jahren wiederholt an Süsswasserhabitate angepasst hat, wird unter anderem untersucht, ob dieselben Gene einer Anpassung an ähnliche Lebensräume unterliegen. Diese Arbeit wird es ermöglichen, besser zu verstehen, wie Organismen auf Umweltherausforderungen wie den Klimawandel reagieren, und sie wird Fischzuchtprogramme erleichtern.
Dr. Miguel Ángel Ariza-Gracia
Institut für chirurgische Technologien und Biomechanik (ISTB), Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Philippe Büchler
Projekttitel: Multiscale Integrative Approach for Corneal Biomechanics to Assess Corneal Crosslinking (MIMetiCO)
Die klinische Zukunft von Katarakt- oder Laseroperationen liegt in den Hornhautvernetzungsbehandlungen (CLX), in welchen UV-Licht und flüssiges Riboflavin (Vitamin B2) verwendet wird, um chemische Bindungen in der Hornhaut zu verstärken. Die Methode ist jedoch noch nicht vollständig erforscht. Das Projekt möchte das Verständnis von CLX und später auch seine klinische Beurteilung verbessern. Daher wird das Projekt die Biomechanik der Hornhaut vor und nach CXL nach verschiedenen Massstäben untersuchen. Mit diesen Daten wird ein Computermodell der Hornhaut erstellt, um damit virtuell verschiedene chirurgische Szenarien zu testen und die beste Vernetzungsbehandlung zu bestimmen. Ziel des Projekts ist eine personalisierte Medizin, die auf unterschiedliche Bedürfnises zugeschnitten ist und zu einer besseren augenärztlichen Versorgung beiträgt.
Dr. Bart Schimmel
Institut für Pflanzenwissenschaften (IPS), Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Matthias Erb
Projekttitel: Genetic basis of herbivore-induced physiological canalization (HECAN)
Herbivoren können über ihre gemeinsame Wirtspflanze indirekt miteinander interagieren. Die Reihenfolge, in der die Herbivoren eine Pflanze besiedeln, entscheidet oft über solche pflanzenbasierten Interaktionen. So weigert sich die Käferlarve des Maiswurzelbohrers, eines unterirdischen Maisschädlings, zu fressen, wenn eine Pflanze an der Oberfläche bereits von der Raupe des blattfressenden Herbst-Heerwurms befallen wird. Dieses Wirtvermeidungsverhalten wird der erhöhten Ausschüttung eines neu identifizierten Stoffwechselprodukts (NP1) zugeschrieben, welche die Maiswurzel als Reaktion auf die Blattschädlinge produziert. Der westliche Maiswurzelbohrer verhindert jedoch die durch die Blatt-Herbivorie ausgelöste Produktion von NP1, wenn er zuerst an der Pflanze ankommt und an der Wurzel frisst. Das Projekt wird untersuchen, wie Mais NP1 produziert und wie der Maiswurzelbohrer diesen Prozess «sabotiert». Ziel ist es, Maispflanzen zu erzeugen, die gegen diesen Schädling resistent sind.
Dr. MD Sarwar Hossain Sohel
Geographisches Institut, Nachhaltige Ressourcennutzung, Universität Bern
Supervisor: Prof. Dr. Chinwe Ifejika
Projekttitel: Exploring pathways for transformation to sustainability using the safe and just operating space concept at the regional level (SUccESS)
Das Projekt zielt darauf ab, Wege hin zu mehr Nachhaltigkeit zu identifizieren, die sowohl innerhalb der ökologischen Grenzen eines Ortes als auch sozial gerecht sind. Diese Wege werden anhand eines systemdynamischen Ansatzes untersucht, um auf regionaler Ebene in Kenia einen sicheren und gerechten sogenannten Betriebsraum für den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Dieser integrative und innovative Ansatz ermöglicht es, die Nachhaltigkeit sozial-ökologischer Systeme (SES) und ihre Transformationsmöglichkeiten in einem globalisierten Kontext anzugehen. Das Projekt wird dazu beitragen, optimale Wege für die Erreichung der UN-Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) als Reaktion auf Umweltveränderungen zu finden und deren katastrophalen Folgen für die Menschheit auf regionaler Ebene zu vermeiden.
Outgoing Fellow
PD Dr. Heinz Krestel
Department of Neurology, Yale University, USA
Supervisor: Prof. Hal Blumenfeld
Projekttitel: New integrated system to automatically record impact of interictal epileptic activity on behavior, reactivity, and consciousness of epilepsy patients (DigRTEpi)
Epileptische Aktivität kann zwischen Anfällen vorkommen, ohne dass Beobachter oder Patientinnen und Patienten eine Störung des Verhaltens bzw. Befindens bemerken. Diese sogenannte interiktale epileptische Aktivität (IEA) kann jedoch von kurzen Wahrnehmungsstörungen begleitet sein. Ein portables bedienerfreundliches Gerät soll den Einfluss von IEA auf Alltagsaktivitäten wie Reaktionszeit, Orientierung, Gedächtnis und Wortfindung mit hoher Genauigkeit unter Einsatz einer Routine-Hirnstromableitung in Echtzeit untersuchen. Testergebnisse können Menschen mit Epilepsie individuell in ihrer Selbsteinschätzung für das private (zum Beipsiel Wahl der Sportart) und berufliche Leben unterstützen. Testergebnisse können auch eine weitere Grundlage für die ärztliche Entscheidung der Fahreignung oder der Anpassung von Medikamenten bieten.
30.04.2018