Reise zum Merkur mit Berner Beteiligung
Am Samstag, 20. Oktober 2018 um 03:45 Uhr MEZ hat die Raumsonde BepiColombo vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ihre Reise zum Merkur angetreten. Mit an Bord der Raumsonde der europäischen Weltraumorganisation ESA und der japanischen Weltraumorganisation JAXA sind Instrumente, die am Physikalischen Institut der Universität Bern konzipiert und gebaut wurden: Das Laser Altimeter BELA – das grösste und heikelste Instrument der Mission – und das neuartige Massenspektrometer STROFIO.
Die 6,40 Meter hohe und 4,1 Tonnen schwere Raumsonde BepiColombo wird mit einer Ariane 5 Trägerrakete ihre Reise zum Merkur antreten. Die Sonde selbst besteht aus zwei Raumfahrzeugen: dem von der europäischen Weltraumorganisation ESA konstruierten Mercury Planetary Orbiter MPO und dem von der japanischen Weltraumorganisation JAXA konstruierten Mercury Magnetospheric Orbiter MMO. Die beiden Raumfahrzeuge fliegen in einem gekoppelten System gemeinsam zum Merkur, werden dort aber auf unterschiedliche Umlaufbahnen gebracht. Der MMO wird die magnetosphärische Wechselwirkung zwischen dem Planeten und dem Sonnenwind untersuchen. Der MPO wird auf eine Umlaufbahn abgesenkt werden, die optimal für die Fernerkundung der Planetenoberfläche ist.
3D-Bild des Merkurs und Analyse der Atmosphäre dank Berner Instrumenten
Das Laser Altimeter BELA ist eines der wichtigsten und heikelsten Experimente an Bord des MPO. Das Instrument wurde von einem internationalen Konsortium unter der Leitung der Universität Bern und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR entwickelt. Zielsetzung ist die Vermessung der Form, der Topographie, und der Morphologie der Oberfläche von Merkur. «Im Wesentlichen können wir mit BELA ein 3D-Bild des gesamten Planeten erstellen», erklärt Nicolas Thomas, Co-Projektleiter von BELA und Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Bern.
Das zweite Berner Instrument an Bord von BepiColombo ist STROFIO, ein neuartiges Massenspektrometer. Projektleiter ist Peter Wurz, Professor am Physikalischen Institut der Universität Bern und Co-Leiter der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie. Er sagt: «Wir werden mit STROFIO die sehr dünne Atmosphären von Merkur – man spricht von einer Exosphäre – erfassen und die chemische Zusammensetzung analysieren.» Wie Wurz weiter sagt, ist STROFIO speziell für die dünne Atmosphäre von Merkur und deren Messung auf der MPO Umlaufbahn gebaut. «STROFIO ist zudem in der Lage, das Signal der Atmosphäre der Raumsonde selbst effektiv zu unterdrücken», erklärt Wurz.
Peter Wurz und Nicolas Thomas waren bereits von Anfang an in die BepiColombo-Mission involviert: Die beiden Berner Weltraumforscher waren Teil der ESA-Arbeitsgruppe (Science Advisory Group), die diese Mission konzipiert hat. «Zu den grössten Herausforderungen der Mission zählt die Hitze, die uns beim Merkur aufgrund seiner Nähe zur Sonne erwartet», sagt Nicolas Thomas. Die Berner Forschenden mussten die Instrumente so konzipieren und bauen, dass diese die Hitze der Sonne aushalten können, die beim Merkur zehnmal so gross sein kann wie auf der Erde.
Eine lange und risikoreiche Reise
Sieben Jahre wird die Reise der europäisch-japanischen Raumsonde zum Merkur, dem kleinsten Planeten unseres Sonnensystems, dauern. «BepiColombo fliegt dabei unter anderem zweimal an der Venus und sechsmal am Merkur vorbei, um abzubremsen, da die Sonde sonst auf die Sonne stürzen würde», erklärt Nicolas Thomas. Diese Manöver müssen sehr präzise ausgeführt werden, wie Peter Wurz sagt: «Zuletzt findet das Manöver zur Einkoppelung in eine Merkurumlaufbahn statt; diese wird mit einem chemischen Antrieb durchgeführt wird. Unsere Nerven werden sicher sehr angespannt sein.»
Hat BepiColombo die Zielumlaufbahn einmal erreicht, wird die Datenübertragung zur Erde etwa 15 Minuten in Anspruch nehmen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen und Experimente bei Merkur sollen schliesslich ein bis zwei Jahre dauern.
Mehr Informationen zur Mission BepiColombo auf der ESA-Webseite: Mehr Informationen zu BELA auf der ESA-Webseite: Mehr Informationen zu STROFIO auf der ESA-Webseite: |
Berner Weltraumforschung: Seit 50 Jahren an der Weltspitze mit dabeiDie Berner Weltraumforschung in Zahlen ergibt eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), 33 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und ein Satellit wurde gebaut (CHEOPS, Start 1. Hälfte 2019). Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet. |
Förderung durch das SBFI / Abteilung RaumfahrtDie Mission BepiColombo wäre ohne die Förderung des SBFI / Abteilung Raumfahrt und der Beteiligung der Schweiz an der ESA nicht möglich. Insbesondere hat das SBFI die Entwicklung der wissenschaftlichen Instrumente finanziell unterstützt. Bei allen Instrumenten, die in der Schweiz und unter der Leitung der UniBE entwickelt wurden, stammen wesentliche Beiträge und/oder Teillieferungen aus der Schweizer Industrie. Nicht weniger als 20 Unternehmen trugen zur Entwicklung, Design und Bau der wissenschaftlichen Instrumente bei. Das PRODEX-Programm, in dessen Rahmen wissenschaftliche Instrumente oder Teilsysteme bereitgestellt werden, verlangt eine industrielle Beteiligung von mindestens 50% am Gesamtprojekt. Diese Bedingung ermöglicht einen Wissens- und Technologietransfer aus der Industrie und in die Industrie und verschafft dem Werkplatz Schweiz einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – nicht zuletzt auch dank Spill-over-Effekten auf andere Sektoren der beteiligten Unternehmen. Beteiligungen der Schweiz an Programmen der ESA erlauben es Schweizer Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft, sich ideal in entsprechenden Aktivitäten der ESA zu positionieren. Zur Medienmitteilung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI |
17.10.2018