3 Millionen Franken für Berner Klimarekonstruktionsprojekt
Der Klimatologe Stefan Brönnimann erhält vom Europäischen Forschungsrat einen «Advanced Grant» von rund drei Millionen Franken. In seinem Projekt erarbeitet er eine globale Klimarekonstruktion, mit der sich vergangene Klimaschwankungen weit umfassender als bisher untersuchen lassen.
Der von der Europäischen Union 2007 gegründete «European Research Council» (ERC) ist die wichtigste Förderagentur für europäische Spitzen-Grundlagenforschung. Seine Aufgabe ist die Förderung der besten Nachwuchsforschenden sowie bereits etablierten und aktiven Forschenden Europas. Die Advanced Grants haben zum Ziel, herausragende Forscherinnen und Forscher, die in den letzten 10 Jahren bedeutende Leistungen in ihrem Gebiet erbracht haben, bei innovativen und bahnbrechenden Projekten zu fördern.
Die Universität Bern hat seit Beginn der ERC-Vergaben vor elf Jahren insgesamt 31 ERC Grants mit einer Dotation von rund 51 Millionen Euro erhalten.
Das vergangene Klima als offenes Buch
Seit Jahrzehnten leisten Klimarekonstruktionen aus Baumringen und Eisbohrkernen der Klimawissenschaft grosse Dienste. Sie erlauben, das heutige Klima in einen Kontext einzuordnen und Schwankungen des Klimas in der Vergangenheit anzusprechen. Klimarekonstruktionen gelten aber oft nur für eine bestimmte Region und betreffen jeweils leicht unterschiedliche Aspekte des Klimas. «Aus diesen Puzzleteilen ein konsistentes Bild des grossräumigen Klimas zu gewinnen, ist nicht einfach – es erfordert Interpretation durch Forschende», sagt Stefan Brönnimann, der sich am Geographischen Institut und am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern mit Historischer Klimatologie befasst.
Ein weiteres Werkzeug zur Erforschung vergangener Klimaereignisse sind Computer-Klimamodelle. Sie liefern ein in sich konsistentes Bild des Klimas. Das Modellklima stimmt aber nur insofern mit dem richtigen Klima überein, als beide durch (im Modell vorgegebene) äussere Antriebsfaktoren wie Treibhausgase, Vulkanaerosole oder Änderungen der Landoberfläche beeinflusst sind. Eine Dürre in einem bestimmten Jahr in einer bestimmten Region ist im Modell meist nicht enthalten. «Wünschenswert wäre eine Klimasimulation, welche den Ablauf des realen Klimas wiedergibt», sagt Brönnimann.
Tatsächlich erlauben neue numerische Methoden genau das: Die Klimarekonstruktion aus der Kombination von Klimainformationen mit einem Modell. Solche Methoden werden seit längerer Zeit für die Wetteranalyse eingesetzt. In Brönnimanns Projekt soll so eine Klimarekonstruktion über 600 Jahre gerechnet werden – global, dreidimensional und in monatlicher Auflösung. Einfliessen werden historische Messungen, historische Beschreibungen wie beispielsweise Daten über die Blüte von Pflanzen oder deren Ernte sowie Baumringe und weitere indirekte Klimazeiger.
Anhand dieser Rekonstruktion können dann vergangene Klimaschwankungen im Detail untersucht werden. Beispiele sind Verschiebungen des Tropengürtels, langanhaltende Dürrephasen, Vulkanausbrüche, aber auch Kältephasen wie im 15. Jahrhundert oder Wärmephasen wie im ausgehenden 18. Jahrhundert. Solche über Jahre bis Jahrzehnte dauernden Schwankungen werden auch das zukünftige Klima charakterisieren und sich mit der globalen Erwärmung überlagern.
Stefan Brönnimann ist Geograph und promovierte 2001 an der Universität Bern. Nach einem Postdoktorat in Tucson, Arizona, kehrte er 2004 als Förderprofessor des Schweizerischen Nationalfonds in die Schweiz, an die ETH Zürich, zurück. Seit 2010 ist er Professor für Klimatologie an der Universität Bern. Stefan Brönnimann beschäftigt sich mit dem Wetter und Klima der Vergangenheit. Dazu verwendet er einerseits historische Messungen und Klimamodelle. Er untersucht grossräumige Klimaschwankungen wie Effekte von Vulkanausbrüchen, El Niño oder Schwankungen in den Monsunsystemen sowie auch vergangene Wetterereignisse wie Stürme oder Starkniederschlagsereignisse.
17.04.2018